Mobilität

Im Seilbahnbau-Rausch

Der Österreicher an sich ist über weite Landstriche seiner Heimat betrachtet ein Mensch, der am, auf und mit dem Berg lebt. Der Aufstiegshilfe wegen vertraut er von jeher auf Seilbahnen und baut solche gerne. Namhafte Unternehmen haben sich im Land darauf spezialisiert. Und so wie es aussieht, soll es für diese bald neue Märkte geben, selbst in Räumen, wo die Grundfunktion im Alpenland, im Winter wie im Sommer, nicht die treibende Kraft ist. Nicht hinauf, sondern hinüber soll´s gehen.

Beispielsweise wollen sich zwei Gemeinden in der niederösterreichischen Wachau mit einer Seilbahn über die Donau hinweg verbinden. Aggsbach-Markt (Bezirk Krems) und Aggsbach-Dorf (Bezirk Melk) denken über eine Pendelbahn in der Länge eines halben Kilometers nach, der die Verbundenheit aus der Vergangenheit (bis 1970 verkehrte eine Fähre) mit einem modernen Verkehrsmittel erschließen ließe. Wären da nicht die doch nicht unerheblichen Kosten von 4,5 Millionen Euro, die man aus den beiden Gemeindebudgets heraus nicht finanzieren kann, jährliche Betriebs- und Wartungskosten der Seilbahntechnik über den Fluss noch gar nicht inkludiert. Die beiden Bürgermeister denken darum über eine (auch im Betrieb) billigere Lösung nach, eine Hängebrücke. (Quelle: noe.orf.at, 22.7.2019)

In Städten versprechen sich Verkehrspolitiker vom Seilbahnbetrieb über den Häusern Entlastung vom Stau im Straßenverkehr. Für Salzburg liegt ebenso eine Machbarkeitsstudie vor wie für Linz. Für Salzburg wären zwei Linien geplant und die Skepsis liegt neben der Finanzierungsseite (zu der die Republik Österreich bei beiden urbanen Räumen mit jeweils der Hälfte in die Pflicht genommen werden soll) vor allem in Fragen der Veränderung des Raumbilds und dem Einfluss auf den Status Weltkulturerbe, den die Salzburger Altstadt genießt. 160 Millionen Euro würden die zwei Linien Dreiseilumlaufbahn für Salzburg kosten. (Quelle: Salzburger Nachrichten aus Stadt und Land, 22.7.2019, S. 2/3)

Für Linz und eine luftige Verbindung von Ebelsberg im Süden zum Industriegebiet, einer Strecke von 8,5 Kilometer Länge, die in bis zu hundert Meter Höhe zurückgelegt werden soll, sind laut Oberösterreichische Nachrichten 283 Millionen Euro kalkuliert. Wenn der Bund die Hälfte stemmt, setzen die im Geld-Ausgeben niemals verlegenen Linzer Stadtpolitiker noch darauf, dass das Land Oberösterreich ein Viertel der Kosten übernimmt. Dieses übt sich allerdings in Zurückhaltung. Die Stadtväter wissen aber immer noch nicht, woher sie den eigenen 70-Millionen-Euro-Betrag für ein Projekt nehmen sollen, das einen öffentlichen Verkehrsweg technisch aufwändig in eine quasi erste Etage über die Stadt legt: auf einer Route zumal, die als solche nicht eingeführt ist. Nicht einmal eine öffentliche Buslinie verkehrt bisher zwischen den genannten Endstationen, um die Pendler in ihrer Bereitschaft kennen zu lernen, den Individualverkehr in einer – wo auch immer gelegenen – Park & Ride-Zone vor der Stadt zu belassen und per Öffi zu den Arbeitsplätzen zu schweben. Ob genau diese „Trasse“ Frequenz hätte und bräuchte, ließe ein Busse-Einsatz im Linienverkehr, verstärkt zu den Stoßzeiten morgens und abends, auskundschaften. Das wäre ein schönes Vorprojekt: überschaubar im Kosteneinsatz, von lohnender Aussagekraft, mit Schutzfunktion vor der besonders in Linz unter Stadtpolitikern grassierenden Großmannssucht.

Bild: Ankogelbahn in Mallnitz/Kärnten nahe ihrer Talstation – solche Seilbahnen gehören zum österreichischen Landschaftsbild. Seilbahnen in Städten wie New York oder La Paz könnten eine teure Zukunft sein – © Herzi Pinki/Wikimedia Commons Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

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