Essen & Trinken

Mein jährlicher Spargelparcours

Einmal im Jahr muss es so sein. Da trage ich mir dann Spargel nach Hause. Grün oder weiß? Nur Anhänger eines Wiener Fußballklubs stoßen sich hier am „oder“, wollen einen Bindestrich dazwischen und ein Rufzeichen danach. Spargelfreunde aber trennen sich hier in zwei Glaubensgemeinschaften. Ich gehöre jenen an, die dem grünen huldigen.

Und dabei jenem, der es nicht so weit zu mir hat. Im Gemüseregal des Supermarkts meines Vertrauens erlebe ich das Herannahen meiner Spargelsaison anhand der Herkunftsangaben. Irgendwann beginnt das im Frühjahr mit weißem aus Peru (vulgo „CO2-Spargel“, wie meine Familie diesen ökologischen Wahnsinn zu benennen pflegt!). Dann wird es Ungarn und Italien, einheimisch wird es zum Schluss. Heuer kaufte ich in der Stufe Europa, quasi als Wirtschaftsförderung für die geplagten Nachbarn Italien. Weiß man eigentlich, wer dort heuer beim Stechen geholfen hat? In Österreich wurden für Erntehelfer aus der Ukraine und dem Kosovo eigens Luftbrücken eingerichtet, Corona-Tests nach Ankunft inklusive.

Mit reichlich grünem Spargel im Kühlschrank verwandelt sich der Mittagstisch auf ein paar Tage zu einem Kürlauf durch verschiedenste Variationen. Meistens beginnt es mit Spagetti mit Creme fraiche oder Rahm, darin ein bisschen geräucherter Schinken, in Streifen geschnitten und schmale Ringe vom grünen Spargel, eine Carbonara-Variante mit „asparagus-officinalis“-Note sozusagen. Die lateinische Bezeichnung hebt den Gemüsespargel als eigene Kategorie aus über 220 verschiedenen Spargelarten hervor. Es geht dann weiter als nur gedünstete Gemüsebeilage zu zart angebratenem Putenfilet, der pure Gemüsegeschmack an sich, noch keine Kombination mit irgendwelchen Geschmackspartnern, noch kein Ertränken in zerlassener Butter. Das ist das dritte Mittagsmahl, ergänzt um ein paar schöne Bratkartoffeln und bestreut mit geriebenen Haselnüssen. Das Finale grande ist dann ein Spargelrisotto, alternativ dazu auch eine Gemüsesuppe, in der der Spargel eine Hauptrolle spielen darf.

Dann sind die grünen Stangen aufgebraucht, und zwar zur rechten Zeit, bevor sich die Konstanz des Genusses ins Gegenteil verkehrt. Genug ist genug – nur für diese Saison und dieses Jahr.

Foto: Pexels/Free Photo Library

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