Gesundheit

Im Rausch(en) der Endlosschleife

Am zweiten Osterfeiertag war es schon gut zu merken. Gemäß des Anti-Familienfeier-Gebots fand ich mich über weite Zeitstrecken des Tages in die eigenen vier Wände geworfen. Nur mehr Medien sprachen mit mir, Fernsehen und Radio. Da drehten sich die Informationslagen zur Pandemie in die Wiederholungsschleifen. Was so ein Osterwochenende eben nicht an Neuigkeiten hervorbringt, will damit abgefangen werden, dass manches neuerlich besprochen und im trimedialen Zeitalter (Radio, Fernsehen, Internet) erst reihum verwertet sein will, wenn es auf jedem der Kanäle zumindest einmal veröffentlicht worden ist.

Das bringt Phänomene mit sich, die man in „normalen Zeiten“ erwünschen würde, beispielsweise die Berichterstattung über Sportarten, die im Mainstream von Fernsehen und Radio sonst nur Randerscheinung sind: über Jan Frodeno etwa, den deutschen Triathleten mit Wohnsitz in Girona (Spanien), der am Karsamstag einen Indoor-Ironman bestritt, im eigenen Pool mit Gegenstromanlage, auf der Radwalze und dann noch auf dem Laufband. Der Radiosender Ö3 sprach am Montagvormittag noch darüber. Triathlon kam hier noch nie so prominent vor.

Die Bilder, die in den Nachrichtensendungen des Fernsehens flimmern, wiederholen sich. Da gibt es den vollbärtigen Patienten mit zurückgelegtem Kopf, sodass das medizinische Personal ihm mit überdimensionalem Wattestäbchen in der Nase bohren kann. Bekäme der Mann für den wiederholten Bildeinsatz Tantiemen, es müsste sich mittlerweile ein nettes Zusatzeinkommen anhäufen lassen. Die Austrian Airlines parken zum gefühlten fünfzigsten Mal denselben Airbus 320 in den Hangar ein. Wieder und wieder eingesetzte Kameraschwenke durch Schuhgeschäfte und Friseursalons lassen die Interieurs schon so vertraut erscheinen wie jenes des eigenen Wohnzimmers. Die Botschaft wird zur Botschaft, der hohe Takt von Informationssendungen bleibt unbeirrt bestehen und es entsteht ein Anschein der Allmacht der Pandemie, die auch die Medien schwer infiziert hat.

Es gebe allerdings Brennpunkte genug, im Inland, im Ausland, in Wirtschaft, Kunst und Kultur, die zu besprechen zwingend werden, ob die Dürre, die der Landwirtschaft zusetzt, die Kriege auf diesem Globus, die weiterhin toben, die großen Fragen danach, wie wir den enormen finanziellen Einsatz zur Coronakrisenbewältigung tatsächlich stemmen wollen. Oder noch entscheidender: Wie wollen wir die soziale Katastrophe reparieren? Wie wollen wir es auf der Makroebene Welt zu einer neuen, hoffentlich besseren Vergemeinschaftung bringen? Nach dieser künstlichen Spaltung von Gesellschaft vorrangig durch Angst, Panikmache, ruinierte Existenzen von Menschen (staatliche Hilfen hin oder her, die emotionalen Folgewirkungen sind durch kein Geld der Welt zu bezahlen)? Wie wollen wir klären, ob das sehr wichtige Gut von Gesundheit nicht auch unter Erhalt von Grundrechten geschützt werden kann (Perspektive: Eigenverantwortung von Bürgerinnen und Bürgern, also das schwedische Modell mit der Einschränkung, dass dies nur bei intensiver Testung vollzogen werden kann – da versagten die Schweden, wie ihre Regierung mittlerweile auch selbst eingesteht)? In der letzten Frage ginge es sehr entscheidend auch um einen Plan für eine nächste Pandemie.

All das fehlt noch. Die Medienwelt steckt weiterhin im reaktiven Modus auf Infektionszahlen und Todesraten und in Analysen und berauscht sich und uns daran. Wenn es einem in Trunkenheit so schwindelt, dass einem in Rückenlage im Bett das Kreiseln kaum verlässt, hieß es immer, ein Bein hinausgestreckt lässt diese unendliche Schleuderbewegung durchbrechen. Dieses Bein würde ich der medialen Berichterstattungsstrategie sehr gerne stellen.

Foto: Pexels/Free Photo Library

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