Hier hält die Bahn auf freier Strecke. Stationsschilder: ja, Bahnsteig: nein. Gen Osten beginnt das Werksgelände. Gen Westen liegt ein Feld, dieses wird durch einen Wald abgegrenzt.
Herzograd heißt diese Haltestelle, sie liegt südlich von St. Valentin (Niederösterreich). Je nach Fahrtrichtung halten die Züge hier erstmals oder letztmalig auf ihrer Fahrt ins oder aus dem oberösterreichischen Ennstal.
Dieser wohl ungewöhnlichste Bahnhof Österreichs erfüllt zwei Funktionen: vorrangig und alltäglich dient er den Arbeitern und Angestellten der hier ansässigen Unternehmen (CNH, Engel, Engineering Center), mit einem öffentlichen Verkehrsmittel direkt zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen.
Wenn der Zug hier hält, gilt die eine Minute Stillstand auch der Erinnerung, was auf diesem Areal in der Mitte des 20. Jahrhunderts passiert ist. Wenn man so will, ist dieser Raum Freilichtmuseum, ohne als solches ausgewiesen zu sein, ohne museale Inszenierung. Die Passage per Bahn verwandelt sich zu einem Intervall (Anhalten – Stopp – Weiterfahrt) von Gedenkarbeit: 1942 wurde hier im Auftrag der Reichswerke Hermann Göring das Nibelungenwerk eröffnet, eine Produktionsstätte für Panzer. Der Herzograder Wald wurde als Standort ausgewählt, weil er ein weitflächiges Areal bieten konnte. Die Nähe zu einem Bahnknotenpunkt (St. Valentin) erkannte man ebenso als einen Vorteil wie den Umstand, dass diese Produktionsstätte gut vor Luftangriffen zu schützen war. 1955, nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags, wurde das Werk der Republik Österreich übereignet und zwei Jahre später dann in die Steyr-Daimler-Puch eingegliedert. 1974 wurde die gesamte Traktorenproduktion auf dieses Gelände verlegt. Heute gehört es dem MAGNA-Konzern, der Hallen an verschiedene Unternehmen vermietet hat: so etwa liegt hier der Europastützpunkt der CNH, die hier Traktoren mittlerer Baugröße unter der Marke „Steyr“ fertig montiert und testet.
Kategorien:Raum & Architektur
Nicht vergessen, niemals:
„Im Spätherbst 1941 belief sich der Beschäftigtenstand auf 4800 Personen. Die Belegschaft bestand zahlenmäßig hauptsächlich aus Österreichern, gefolgt von Deutschen. Im Verlaufe des Krieges wurden die an die Front berufenen Arbeiter durch ausländische Kriegsgefangene ersetzt. In der zahlenmäßigen Reihenfolge handelte es sich dabei um Franzosen, Italiener, Griechen, Jugoslawen, Russen und zum Schluss 600 KZ-Häftlinge…Im August 1944 wurde auf dem Gelände ein Außenlager des KZ Mauthausen errichtet, in dem 1500 Häftlinge untergebracht und zur Zwangsarbeit herangezogen wurden.“
…statt’Österreicher/n“ müsste hier wohl ‚Ostmärker‘ stehen und erklärt werden, denn Österreich gab es ja da achon länger nicht mehr…
Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Nibelungenwerk
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