In der Hafenspelunke namens „Mekka“ sieht man die Polizei nicht gern. Wenn sie dennoch Präsenz zeigt, bietet man ihr ein Getränk an: „Herr Inspektor, Sie haben Ihren Whiskey nicht ausgetrunken! – Die Sorte bekommt mir nicht“, wendet sich Inspektor Wade (Joachim Fuchsberger) ab. Er dient bei der Flusspolizei, genießt darum bei Scotland Yard wenig Ruf und trägt dennoch alles Vertrauen seines Vorgesetzten Sir John, um den geheimnisvollen Täter im Taucheranzug, genannt der „Hai“, dingfest zu machen. Der „Hai“ – „schwarz und glänzend, ein Tier, das sich wie ein Mensch bewegt“, wie Leila (Elisabeth Grothum), Pflegetochter der „Mekka“-Besitzerin, einmal ausführt – raubt Diamanten, exekutiert Leute per Harpune und nutzt als Fluchtwege die Londoner Kanalisation und die Themse.
„Das Gasthaus an der Themse“ gilt als die erfolgreichste filmische Adaption eines Edgar-Wallace-Krimis. 3,6 Millionen Leute haben den Film in Erstaufführung im Kino gesehen, Alfred Vohrer führte 1962 Regie. ORFIII präsentierte ihn zum Auftakt der „sommer.krimi“-Reihe am 13.7.2016 um 20:15 Uhr.
Die Handlung arbeitet die Dramaturgie der Verfolgungsjagd in allen Facetten ab und bringt alle Figuren unter Verdacht, bis zuguterletzt nur noch eine, nolens volens der Täter, übrig bleibt.
In sechs Tagen realisiert, gedreht wurde in Hamburg, sieht man auch heute noch solides Schauspiel im Studio. Die Besetzung machte die Wallace-Reihe zum Kult: Neben Fuchsberger wuchs ein Klaus Kinski in ihr ins Fach der besonders zwielichtigen, psychopathischen Gestalten, hier als Gregor Gubanow, ein Gewürzhändler, den man schon als „Hai“ enttarnt glaubt, bevor er als „Nummer 17“ im Polizeieinsatz in einem Unterwasserkampf auf der Seite der Guten sein Leben lässt. Kein Edgar-Wallace-Film ohne Eddi Arent: als schrulliger Anwärter auf eine der beiden Rudermannschaften fürs jährliche Duell Cambridge gegen Oxford legt er als Sir Robert Oliver Douglas Barnaby jr. im „Mekka“ auch eine Twist-Nummer aufs Parkett. Zu den Spuren illustrierter Zeitgeschichte zählt wohl auch der galante Damenunterarm einer Schaufensterpuppe, mit Handschuh, in deren Fingern „Mekka“-Besitzerin Nelly Oaks (Elisabeth Flickenschildt) ihren Zigarettenspitz ablegen kann.
Das ästhetische Um und Auf des Schwarzweißfilms ist allerdings die meisterliche Lichtgestaltung für Karl Löbs Kamera. Licht und Schatten schärfen Falten und Strukturen der Ausstattung und schaffen damit Raum. In zwei Szenen heben Vohrer und Löb, indem sie mit einem Spiegel zur Irritation des Publikums verblüffende Effekte erzeugen, den Film in die Nähe des Surrealismus eines Luis Buñuel.
Fazit: diese Reise zurück ins deutsche Filmproduktionsgeschäft vor mehr als fünfzig Jahren erweist sich als solide und weiterhin sehr sehenswerte Unterhaltung! Bitte gerne wieder, bitte gerne öfter!