Jetzt, nachdem sich im Windschatten des deutschen Virologen Christian Drosten auch andere Expertinnen und Experten darüber freuten, dass die Pandemie bald vorbei sein könnte, jetzt, da Politik daran denkt, Gesetze und Verordnungen zur Pandemie aufzulösen, kommt auch ein hoffentlich nicht allzu vorzeitiger Abschied von der vor zwei Jahren etablierten Kultur des Testens.
Er ist begleitet von Versprechen, bessere Vorsorgen zu treffen, legistisch ohnedies (das österreichische Epidemiegesetz in seinem inhaltlichen Kern schreibt eine mehr als hundertjährige Geschichte). Aber auch in Sachen Prävention dürfen nun Hausaufgaben erledigt werden. Etwa, dass wir uns in Europa mit Material für eine (nächste!) Pandemie vorbereiten, Warnungen der Wissenschaft annehmen, ihnen Folge leisten, diese nicht in den Wind schlagen. Im Frühjahr 2020 war ja nichts da: Keine Schutzkleidung, keine Handschuhe, keine Masken, natürlich auch kein Testmaterial. An dem verdienten sich China und Südkorea seither in der Welt goldene Nasen. Das mag nun vorbei sein, wir hoffen es sehr.
Darum will ich hier ganz und gar nicht neutral meinen Konsumentenendbewertungsbericht zu all jenen Produkten legen, die ich mir seit zwei Jahren in Regelmäßigkeit in die Nase gesteckt habe. Die ohnedies phänomenale Durchschnittszahl von etwas über 30 Tests pro Mensch der österreichischen Bevölkerung übertrafen alle im Schulsystem um ein Vielfaches. Man erkennt uns an den geweiteten Nasenlöchern.
Das erste Mal: Vorm ersten offiziellen Antigentest, organisiert von unserer Schulärztin für Willige im Personal, wobei man als Schulleiter naturgemäß als Vorbild vorangeht, wollte ich es wissen. Dazumals (vor zwei Jahren) gab es Selbsttestmaterial in der Apotheke nur gegen Geld und nur für fachlich einschlägig kundiges Personal. Meine Tochter als Medizinstudentin galt freilich als solches und besorgte es. Die Marke kann ich heute nicht mehr nennen. Es kam nicht zum Abstrich, weder in Nase noch in Rachen, sondern man hatte aus der Kehle Sekret herauszukrächzen und in ein Papiersäckchen zu spucken. Das Testverfahren klang darum wenig appetitlich. Der Voraustest machte mich sicher. Ich flehte die Krankenschwester tags darauf an, die Probe im Rachen zu nehmen. Die Fernsehbilder überdimensionierter Wattestäbchen, die bis auf Anschlag durch die Nase im Kopf verschwinden, schlagen sich mir bis heute auf die Magennerven.
Do-it-yourself-Ware kam auf den Markt, in der Schule die des Herstellers F., zuerst für alle in der Kindergartenversion, als Kartonagenfaltbrief, in den das berotzte Wattestabköpfchen in ein Sichtfenster gesteckt werden musste. Der Bildungsminister war begeistert, auch dann noch, als diese Produktionslinie wich und nur noch die mit der Pufferlösung nachrückte, die zu träufeln war. Eine naturwissenschaftliche Laborübung erkannte er darin, wir „pipettieren“. Gemäß Schulungsvideo. Dann gab es jede Menge Diskussion, ob F. überhaupt etwas aussagt. Schlechte Kritiken und dennoch passable Ergebnisse rehabilitierten F. rasch. Tausende Anwendungen in zwei Jahren und immer rechtzeitige Beweisführungen bei Status „positiv“ belegen das. Man erkennt mein Wohlwollen zu F.; die Masse des Produkts in meinem Berufsalltag macht da natürlich ihren Einfluss geltend.
Dann waren da noch jene Tests, die die Republik oder das Bundesland über Apotheken abgegeben hatte: Gleich zu Beginn die Marke L., die sich mit der zartesten Versuchung, seit es lange Stiele an Wattestäbchen gibt, ausgezeichnet hatte. Oder das Produkt D., das einem sogleich als 20-Stück-Packung in die Hand gedrückt worden war: Die etwas breiter als üblich gestalteten Testkassetten überzeugten mit ihrer eleganten dunkelblauen Plastikbodenplatte. Immer blieb spannend, was in den an Leseunfreundlichkeit unschlagbaren Gebrauchsanweisungen zu entziffern war, wie lange die Probe in der Pufferlösung zu weilen hatte, gedreht, geschüttelt, gerührt, und wie viele Tröpfchen, drei, vier, fünf, an der bewussten Stelle aufgebracht werden durften.
Zum guten Schluss des intensiven Testens fielen auch die Testmaterialien deutlich ab. Im Produkt N. wurde als Pufferlösung nur noch eine gerade noch kondensierte Feuchtigkeit der Chemikalie geliefert, die sich gerne in die Watte saugte, von dort aber selbst durch intensives Auspressen kaum mehr zurück in den Aggregatzustand flüssig gebracht werden konnte. Unter „C“ wie Control konnte darum kaum mehr erscheinen als eine gehauchte Idee eines roten Strichs.
Wie viel die Welt für all das an China und Südkorea bezahlt hat und wie sehr man sich dort deswegen die Hände reibt, ist eine andere Geschichte. Es gab in den Medien vor langer Zeit rührende Ansätze, dies zu recherchieren und zu schreiben. Irgendwie löste sich aber auch diese Ambition für Transparenz im Zauberspruch auf, dass es halt gekostet hatte, was gewollt war.
Kategorien:Gesundheit, Satire