Bildung

Impfstatus

Sie galt lange Zeit als die unter Journalistinnen und Journalisten beliebteste Frage, die man dem Bildungsminister stets nach seinen Verlautbarungen zu neuen Maßnahmen für Schule unter Coronabedingungen stellen musste: Wie viele der Lehrerinnen und Lehrer sind geimpft?

Der Ressortleiter übte sich zuerst stets in guten Einschätzungen. Dann zum Beginn der Sommerferien berichtete er, man fragte im Gesundheitsressort an, man wolle in die elektronischen Gesundheitsakten des Personals und daraus erheben. Was unsereins im pädagogischen Berufsstand denn doch etwas irritierte: In elektronische Gesundheitsakten (ELGA) schauen Ärztinnen und Ärzte, aber nicht Dienstgeber. Anfang August ließ der Minister zur liebsten Frage der Medienmenschen dann verlauten, er werde zu Schulbeginn erheben lassen. Und dann kamen vor Schulbeginn die Zahlen (anscheinend doch aus der ELGA-Quelle): 82 Prozent im Schnitt, 88 in den allgemeinbildenden höheren Schulen (den Gymnasien), 84 in den berufsbildenden Schulen, 81 an Mittelschulen, 77 Prozent der Lehrenden an Volksschulen sind vollimmunisiert.

Mit der Veröffentlichung dieser Zahlen wurde es still. Dabei wäre der Anlass niemals besser gewesen, darauf hinzuweisen, dass der oft gescholtene Berufsstand der Lehrerinnen und Lehrer (und nur dieser!) das eigentlich für die gesamtgesellschaftliche Situation Österreichs ausgegebene Durchimpfungsraten-Ziel zum Stichtag (doppeldeutig, ich weiß!) 31. August 2021 erreicht hat. Über 80 Prozent wollte der Gesundheitsminister zu diesem Zeitpunkt mit den geimpften Österreicherinnen und Österreichern gelandet sein. Wir halten nun Anfang Oktober bei schwach über 60.

Im Schulsystem nach westösterreichischer Schulzeitrechnung (alle Bundesländer außer Wien, Niederösterreich und Burgenland) erleben wir in diesen Tagen im Pandemiemanagement erstmals die Zuordnung der Region (gleichbedeutend mit einem ganzen Bundesland) in eine Risikostufe. Dazu muss man festhalten, dass dabei Fakten den Schulbetrieb einschränken können, die nicht aus dem Schulwesen heraus-, sondern nur in dieses hineinwirken: Kein Schulkind, vor allem das unter 12 Jahre, für das noch keine Impfung verfügbar ist, keine Jugendliche, kein Jugendlicher trägt in den Zahlen vehement zur 7-Tages-Inzidenz, zur Intensivbettenbelegung oder erst recht mit Blick auf den Anteil von Kindern und Jugendlichen wirklich gewichtend zur Durchimpfungsrate einer Region bei.

Diese Kennzahlen allerdings dienen als Entscheidungshilfe, ob die Mund-Nasenschutz-Pflicht auch im Unterricht selbst gilt, ob Schulveranstaltungen stattfinden können, ob schulexterne Partner kooperieren dürfen, ob Besprechungen und Konferenzen der Pädagoginnen und Pädagogen wieder ins Netz verlagert werden müssen. Diese unfairen Voraussetzungen waren augenfällig seit der Erstpräsentation des Risikostufenmodells und wurden auch von Fachleuten, etwa vom Mikrobiologen Michael Wagner, Leiter des „Alles gurgelt“-Projekts, sofort aufgezeigt.

Immer noch ist der Status der Kinder und Jugendlichen dieser: Es fehlt ihnen und ihrem Recht auf Bildung weiterhin an einer starken Lobby im Krisenmanagement.

Foto: Pexels/Free Photo Library

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