Die Provokation beschreibt ein Handeln, das sich im wechselseitigen Ping-Pong-Spiel unseres Denkens, Entwerfens und Vollziehens von Handlungen außerhalb unseres Erwartungsrahmens befindet und gerade deswegen auffällt. Sie „ruft etwas hervor“, so die wörtliche Übersetzung von „provocare“ aus dem Lateinischen.
Dabei ist das, was provoziert, nicht verallgemeinerbar. Was provoziert, hängt mit dem Wertehaushalt jedes Einzelnen zusammen. Was lässt dieser zu? Womit wird er unterlaufen oder überreizt? Provokation ist also nicht absolut, sondern sie bleibt stets relativ. Wenn etwa eine Tageszeitung, die sich den Namen des Landes gibt, am Sonntag vor Halloween eine Gruselclownmaske in realer Gesichtsgröße abdruckt und ihre Leser einlädt, diese auf Karton zu kleben, auszuschneiden und zu Halloween zu tragen, während parallel die Exekutive vor dem sich verbreitenden Gruselclown-Trend mahnt und ihr verstärktes Einschreiten diesbezüglich ankündigt, mag die „journalistische Aktion“ für die einen provokant sein, für andere nicht.
Natürlich gibt es gesellschaftlich definierte Konventionen, deren Unter- oder Überschreitung in jedem Fall als Provokation verstanden werden müssen, beispielsweise wenn ein Nationalratsabgeordneter (!) bei einer Veranstaltung auftritt, bei der sich Vortragende tummeln, die revisionistische, Umvolkungs- und andere abstruse Theorien verbreiten. So geschehen am 29. Oktober 2016 in Linz (Österreich) beim Kongress der selbst ernannten „Verteidiger Europas“. Immerhin gelobte der Hauptredner einst im Parlament „unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“
Die Provokation ist zu einem politischen Mittel geworden, nicht nur der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf ist voll davon. „Jemanden auffordern, anregen, reizen“ steckt auch in der Wortbedeutung. Offiziell 1.800 (nach Veranstalterangaben 3.500) gingen darum am vergangenen Samstag in der oberösterreichischen Landeshauptstadt auf die Straße, um die Provokation zu verarbeiten, dass das Land Oberösterreich seine offiziellen Repräsentationsräumlichkeiten einem höchst dubiosen Kongress zur Verfügung gestellt hatte. Dass dessen Teilnehmer den Aufmarsch als – in Bezug auf ihren Erwartungsrahmen – „Provokation“ verstehen mussten, liegt in der Natur des Mittels. Provokation produziert (Gegen)Provokation, stachelt an, bis zur Eskalation, also dem Konflikt. Der ist ohnedies da, zwischen links und rechts. Wie der als Besucher in die Redoutensäle gekommene Journalist der Kronenzeitung, Werner Pöchinger, (mit Eintrittskarte! Die Veranstalter schlossen die Medien aus, Pressefreiheit ade!) feststellte, gehe es weniger um eine Dialektik der Ideologie, sondern der Umverteilung im Sinn einer Restauration gelobter, verblichener guter alter Verhältnisse. Welche genau damit gemeint sind, bleibt offen. Allerdings geht es immer auch um Rückgabe von etwas (??), was „die oben“ weggenommen, beseitigt, verändert haben (sollen). Selbst diese Sichtweise befindet sich für viele außerhalb ihres Handlungsrahmens und ist darum, naturgemäß, Provokation.
Wie also generell mit Provokation umgehen? Ich erbitte Antworten als Kommentar zu diesem post und zugleich die Zustimmung, dass diese in einem Teil 2 zum Thema mit Titel „Provokation – was tun!“ eingearbeitet werden dürfen.
Kategorien:Politik, Soziales Handeln