Den legendären Satz des Wiener Altbürgermeisters Michael Häupl, dass Wahlkämpfe Zeiten fokussierter Unintelligenz sind, illustriert auch das derzeitige Straßenbild im Land Oberösterreich.
Dieses wuchs in den vergangenen acht Wochen mit Plakaten in einer Dichte zu, intensiver als zuletzt. Zuletzt heißt für dieses Bundesland: 2015. Plakatständer in allen Dimensionen, von klein wie ein Zeichenblock für die Tafelklassler bis zur Fläche für das aus mehreren Bögen gepuzzlete Plakat, bestmöglich in Drucksorten-Klon-Serie eines Kandidaten, geschlossen ein paar hundert Meter lang: Vor einer Woche am Samstagabend wurde eine solche von emsigen Heinzelmännchen beispielsweise an der Westausfahrt der Stadt Wels frisch für die finalen acht Tage Countdown auf Plakatwände gekleistert.
Heute Sonntag wurden Landtag, Gemeinderäte und Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt. In vierzehn Tagen können, wenn es zwischen zwei Kandidierenden eng um den Stuhl des Gemeinde-Oberhaupts geworden ist, noch Stichwahlen folgen.
Alle sechs Jahre säumt also eine Schlacht an (keinen wirklichen) Botschaften, sondern nur mit Gesichtern und Hinweisen auf die zu wählende Liste die Straßen. Unmengen Geld werden dafür eingesetzt. Mit dem Wahltag ist der peak an gewünschter Wirkung erreicht, zumindest im Verständnis der Wahlkampfmanager. Morgen kommen die „Danke!“-Aufkleber darauf. Vierzehn Tage haben die Parteien dann Zeit, die Plakatwälder an den Straßenrändern zu roden.
Wenn es um Politik und Wahlen geht, gehört der sonst für Werbezwecke tabuisierte Saum der Wege den Parteien. Ansonsten dürfen hier nur einschlägige Hinweise platziert werden, die dem Straßenverkehr dienen, Sachverhalte, die für jene, die ein Fahrzeug lenken, von Relevanz sind, Wegweiser, nächste Tankstelle, nächste Werkstätte, Frequenzen verschiedener Radioprogramme.
Im vergangenen Sommer wollten junge Landwirte im Mühlviertel den Vorbeifahrenden mit Botschaften in bescheidener Plakatgröße kommunizieren, dass die Gerste, die da wächst, auch hier in der Region zu Bier verarbeitet wird. Da schritt die Bezirksverwaltungsbehörde ein und ordnete die Entfernung dieser Kommunikation an. Das sei nämlich Werbung. Und die dürfe da nicht sein.
Was Parteien am Straßenrand in die Schlacht werfen, ist allerdings nach einem Gerichtsentscheid „Meinungsbildung“: Ja, klar. Gesichter, bestenfalls irgendein Schlagwort und eine banale Grafik für die Animation für das Ankreuzen des Wählenden im „richtigen“ Kreis. Das bildet Meinung. Ironie wieder off.
Es festigt dann doch eher den Verdacht, dass es die Justiz hier der Politik für diese Schlacht am Straßenrand, wie man gut österreichisch sagt, „gerichtet hat“.
Foto: Keines! Denn es ist wohl gut verständlich, dass dem zehnwöchigen Plakatständerwald im Gedächtnis des Internets kein fixer Platz eingeräumt werden soll.
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