Medien

Schönere Stadtbilder suchen Spannung

Als Linzer gehört sich das natürlich so: Ich gab der zweiten SOKO-Staffel am Schauplatz meiner Geburtsstadt mit Folge eins eine zweite Chance. Die Verlockung war zudem groß, hieß es doch im Vorfeld, der Tod einer Lehrerin werde geklärt. Das tupft mein berufliches Feld an und ich dachte mir zweierlei: einerseits, es könnte einen interessanten Plot abgeben, an welcher Schule, was geschah? Andererseits wäre ich auch froh darum gewesen, wenn Mord in meiner Berufsgruppe in der Serie alsbald abgehandelt worden wäre. Im Sinn von: Dann wäre das erledigt. Der Konjunktiv steht hier für die fiktionale Wirklichkeit. Denn zu Tode kommt in der Folge „Herzstiche“ eine Hauslehrerin während ihres Sabbaticals auf einem Campingplatz für „echte Van-Lifer und -Liferinnen“, wie der Verwalter sagt. Auf ihn fällt sofort wegen Vorstrafen (er ist ein Spanner, österreichisch-bayrisch für Voyeur!) der Verdacht.

Und da bin ich schon mittendrin im Gähnen. Dass diese Hauptabend-Dreiviertelstündler von Fernsehkrimis immer so einem Muster-Drehbuch folgen, ist der prime time und dem dazu versammelten Publikum falsch geschuldet. Es darf der inhaltliche Anspruch schon höher sein. Ein Verdächtiger tut es natürlich nicht, ein zweiter kommt ins Spiel. Die 50-Prozent-Chance auf Täteridentifikation muss dann alsbald fallen, sonst wäre es ja nur noch flach, aber wenn kaum eine weitere Figur im Angebot steht, ist der Fall auch vor dem Fernsehgerät oder Computerbildschirm (ich streamte) allzu leicht gelöst. Zugegeben, Vorgänger-SOKO-Versionen wie vor allem die an der Donau brauchten einige Staffeln, bis die stories so waren, dass sie wirklich fesselten. Die Schlussszene von „Herzstiche“ ist dennoch schauspielerisch gut gemacht, sie war allerdings erwartbar.

Versöhnt hat der Beginn von Staffel zwei wohl damit, dass nun die richtige neue statt der alten Eisenbahnbrücke mehrfach im Bild war, mit Stadtpfarrkirche (und „Nike“-Skulptur von Haus-Rucker-Co auf dem benachbarten Postgebäude, nicht unbedingt eine aktuelle Stadtrauminszenierung!) oder Anton-Bruckner-Privatuniversität wurden schönere Seiten von Linz in Szene und Fernsehbild gerückt als vor einem Jahr zur gleichen Zeit.

Wieder verlangt die Serie, dass wir die Lebensgeschichten der Hauptfiguren aufgefrischt bekommen, denn auf diesen menschlichen Seiten will ja auch etwas erzählt werden. Ben ist mit der Idee seiner Tochter Emilia konfrontiert, dass diese zur Mutter nach Singapur auswandern möchte. Emilia hat nun anscheinend das oberösterreichische sprachliche Idiom für die Ohren des gesamtdeutschsprachigen Publikums, das man erreichen möchte, gepachtet. Ob dieses Lokalkolorit des Sprechens für ein Fernsehformat wirklich sein muss – die Absichten dahinter werden nicht deutlich. Aleks, Polizeischüleraspirant, wird zum Bildungslaufbahnabbrecher. Mit Schule selbst hat die Folge also herzlich wenig zu tun, den Bildungsauftrag bekommt das Publikum mit der kurzen Erklärung zur Unterrichtspflicht in Österreich mit historischem Hinweis auf Maria Theresia.

Fazit meines fact/fiction-checks: Fernsehunterhaltung der Kategorie, oberösterreichisch gesprochen, „jo eh!“, übersetzt: nicht Fisch, nicht Fleisch, oder durchwachsen, jugendsprachlich fällt darin mehrfach das Wort „nice“. Emilia meint, richtiger sagt man, man habe „etwas gefeiert“. Diese Folge sicher noch nicht. Es mögen mich temporeichere, knackigere, spannendere Episoden, die da hoffentlich nachkommen, überzeugen.

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