Vor einem Jahr gingen die Wogen hoch, „Linz ist Linz“, das dazumals präsentierte Werbevideo der oberösterreichischen Landeshauptstadt, sammelte Botschaften, die Abscheulichkeiten der Stadt zusammenfassten und definierten. Und bewarb damit die Gastlichkeit der Stadt. Provokation, klar. Sie verschaffte dem Filmchen hunderttausende Klicks auf YouTube sowie breite Beachtung in allen Medien. Der Bürgermeister protestierte, man sprach darüber. Für ein paar Tage hielt man mit „Linz ist Linz“ die Themenführerschaft. Was mehr will man als Macher!
Seit gestern versucht ein neues Werbefilmchen nun, das Feuer der Erregung wieder anzufachen. Es macht die oberösterreichische Landeshauptstadt nun zu einem Planeten, außerirdisch geht´s in der Stadt wohl zu. Der Plot: In Linz landet eine kurzerhand umgeleitete Marsmission, ihr Motiv ist nach zehn bemühten Spielfilmminuten sehr trivial, trocken müsste man fast sagen, was passt. Denn das Astronautenpaar kommt wegen der Linzer Torte. Darum setzt ihre Rakete statt irgendwo in Europa just beim Ars Electronica Center in Linz auf.
Bis dahin kocht der Protest der Landeshauptstädterinnen und -städter auch unter Verwendung von Bildern, die man eigentlich gerne vergessen möchte. Denn auf dem Planeten Linz verkehrten im Frühjahr 2022 gerne die Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen und ohnedies alles, was denen, die mit Traktoren- und Autokonvois die Stadt lahmzulegen wussten, an staatlicher Lenkung und demokratiepolitischen Errungenschaften nicht passte. Die Umdeutung dieser Bilder ist wenig lustig, sondern gefährlich. Denn gerade in Sachen Ambivalenz sind die, die die Straße da für sich eroberten, als sehr schwach aufgestellt einzuschätzen. Sie werden nicht verstehen oder zumindest nicht verstehen wollen, welchen „Werbebeitrag“ sie zur Stadt leisten. Im schlechtesten Fall fühlen sie sich bestätigt und bestärkt. Denn sie wurden wahrgenommen, auch wenn die Filmfiktion ihnen die Wahrheit ihres Aktionismus inhaltlich verdreht. Der Werbefilm schlägt also instrumentalisierend zurück. Auf den ersten Blick: witzig, süße Rache. Doch ist es Spiel mit dem Feuer und einer Konfliktlatenz, die in der Landeshauptstadt zurzeit zwar ruht. Tatsächlich gelöscht sind diese Brände nicht, sie glimmen, sie glosen. Anderswo züngeln die Flammen eines Widerstandfeuers in einer Stadt immer noch, etwa im von Linz gut 50 Kilometer entfernten Steyr, wo weiterhin einmal pro Woche einige aus der (sich in Zeiten von Corona-Maßnahmen gebildeten) Gegnerschaft wider jedes Verständnis und als Belästigung der ansässigen Bevölkerung protestierend und lärmend herumziehen.
Wiederum hat die Produktionsfirma für das Spielfilmchen zur Image-Pflege des Linz-Tourismus kaum Kosten oder Mühen gescheut, die Besetzung ist großartig, etwa Horst Heiss als grantelnder Bauer oder Ingrid Höller als Universitätsdozentin. Die Wahrheit spricht durch den Mund des von seiner regenbogenfarbenen Parkbank aufspringenden alten Herrn, den wir schon aus der Vorjahresproduktion „Linz ist Linz“ kennen, überzeugend gespielt von Georg Lindorfer.
Fazit: Nach der vorjährigen Provokation nun Sanftmut mit flacher Pointe. Schaut ein wenig nach Versöhnung aus. Mögen nun deswegen die Gäste kommen.
Foto: Linz – werbetechnisch neuerdings ein „Planet“, hier also wohl der Landesteg für „Raumschiffe“
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