Als Bagatelle bezeichnet man eine unbedeutende, geringfügige Angelegenheit, eine Kleinigkeit, eigentlich nicht wirklich der Rede oder des Schreibens wert. Zu ihr gehört, sie Nebensache sein zu lassen. Sie drängt sich trotzdem in der Wahrnehmung auf und kitzelt ein wenig die Nerven, zum Beispiel beim Schwimmtraining.
Darum gönne ich diesen Bagatellen ab sofort in wirklich sehr lose fortgesetzter Berichterstattung, was ihnen gebührt, als Momentaufnahmen des unerwünscht Zwischenmenschlichen. Schauplatz: der Beckenrand irgendeines Schwimmbads, manchmal auch ein wenig schon davon entfernt, mitten in den Chlorwasserfluten. Es braucht keine konkreten Orte, Kolleginnen und Kollegen der Leidenschaft fürs Schwimmen können sicherlich auch Lokalitäten ihres eigenen Trainingshandelns einsetzen. Macht es!
Zum Auftakt eine Doppelfolge: Wir nehmen einmal an, dass der Traum jeder Schwimmerin und jedes Schwimmers für ihr oder sein Training wahr wird, ein öffentliches Hallenbad, vier Bahnen zu je 25 Meter. Du kommst zu einer durch Versuch und Irrtum gut ausgeloteten Zeit, wenn die einen, die schon da waren, am Gehen sind, und die anderen, die noch kommen wollen, noch weit weg sind. Du bist allein. Ganz allein, nur du und die Halle, du und das Becken. Und du genießt es, nimmst Bahn 1 (aus alter Gewohnheit und wohl auch des Gefühls wegen, gerade so Nummer 1 im Schwimmbad zu sein!), baust beim Startsockel dein Trainingsmaterial auf, Paddles, Pullbuoy, Trinkflasche, den laminierten Trainingsplan. Leicht kräuselt sich die Wasseroberfläche dank Umlaufpumpe, bevor du sie mit dem Wellengang deiner Wasserverdrängung beschickst. Das Ganze hat freilich einen rasch näherkommenden Ablaufzeitpunkt. Nach 30 Minuten ist er da, der nächste Schwimmer, viel zu früh natürlich. Und was macht der? Er packt seine Trainingsutensilien aus, richtet sich ein. Er hätte drei weitere Bahnen Platz und darum auch die Entscheidung, ob er die 2, 3 oder 4 nimmt. Platz in Hülle und Fülle. Wir nehmen nun an, wir skalieren die Bahnen mit einer Einheit eins zwischen ihren Nummerierungen an den Startsockeln. Kann mir jemand erklären, warum Gast 2 darum unbedingt auf 1,25 seine Bahnen zu ziehen beginnen muss? Nein, ich bin absolut kein Freund von Unterwassertuchfühlung, vor allem dann nicht, wenn die Frequenz an der Sportstätte sie absolut nicht erfordert.
Anderer Tag, anderer Ort: Ja, es ist einiges los. Doch man lernt sich zu bescheiden. Die sportlichen Schwimmerinnen und Schwimmern vorbehaltene Bahn gehört heute den Kindern für ihren Schwimmkurs. Vorrang forever für den Nachwuchs! Ich schwimme mein Training nebenbei, man rotiert dann kraulend bei guter Besucherinnen- und Besucherfrequenz schon gern einmal auf einem quasi Wasserquader mit einer Breite von 30 Zentimeter. Ich schlage an. Natürlich muss der, den ich schon zuvor seine beckenrandnahen Aufwärmhampeleien durchführen sah, mich anquatschen: „Macht´s dir was aus, wenn ich mich da zu dir auf deine Bahn reinhänge?“ Ich: Ja, schwimm doch da drüben. (Zwei Bahnen weiter ist nämlich nichts los.) „Die trainieren da aber.“ Ich hier auch, lass´ mich fertig machen.
Ich bin gerade am Beginn der zweiten Hälfte eines Intervalltrainings, immer 100 Meter in jeweils maximal zwei Minuten und nach 20 Sekunden Pause gleich die nächsten. Das Ganze sechsmal hintereinander. Ich mag in dieser Pause (20 Sekunden!) weder Gespräche noch Verhandlungen. Es gehört eigentlich unter uns Schwimmsportlerinnen und -sportlern auch zum guten Ton, jemanden nicht in seinem Trainingsflow zu unterbrechen. Diesem Herrn ist das fremd.
Auf der Schwimmbad-Uhr, – ja, der mit den vier Zeigern alle 15 Sekunden – nähert sich „mein“ Zeiger in drei, zwei, eins meinem nächsten Start. Ich stoße mich ab, nach der ersten Wende sehe ich den lästigen Zeitgenossen tatsächlich auf meinem 30cm breiten Wasserband mir entgegenkommen. Was von „Schwimm´ da drüben!“ hat er bitte nicht verstanden?
Ich gehöre als Mittfünfziger sicher nicht zu den schnellsten, es ist aber schon blöd, wenn du selbst mit, sagen wir mal 3km/h durch die 25-Meter-Bahn zischst und dich jemand mit, sagen wir mal 1km/h zu unnötigen permanenten Überholmanövern auf deinem schmalen Wasserquader zwingt, wobei er fünf Meter weiter seine Geschwindigkeitsklasse im Kreiselverkehr auf nicht markierten Bahnen für Freizeitschwimmer vorfinden könnte.
To be continued …
Foto: Pexels/Free Photo Library
Kategorien:Sport
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