Satire

Eine Glaubensfrage

Es ist nicht nur den hierzulande anerkannten Religionsgemeinschaften zu einem richtigen Rätsel geworden. Regelmäßig in jedem Sommer passiert es, dass sich zahlreiche Gläubige von ihren Bekenntnissen ab- und einer anderen Konfession zuwenden. Dieses Phänomen eines anscheinend spontan auftretenden, nennen wir es einfach einmal, „Glauben-Seitensprungs“ lässt sich vorrangig unter Menschen festmachen, die sich in einer Zeit ab offiziellem Sommerbeginn, also Sonnenwende, 71 Tage lang bis Ende August, vielleicht sogar noch ein paar Tage darüber hinaus, befleißigen: Sie bieten des Abends unter freiem Himmel ihre künstlerische Begabung dar, organisieren dergleichen oder gehören zu den Rezipierenden von beidem.

Der Gottesdienst all dieser Menschen, hier wörtlich – also wie man dem Gott dient, orientiert sich zwar daran, Naturreligion zu sein, achtet also das Spiel der Naturphänomene und dennoch drückt sich die Glaubenspraxis selten in freundlicher Zuneigung aus. Denn bevorzugt äußern sich die Gläubigen so, dass ihnen ihr Gott „nicht gnädig gestimmt“ sei.

Diese Aussage, ein immer wiederkehrender Satz wie ein Gebet der Abwehr, fällt immer dann, wenn die Rahmenbedingungen für das Handeln unter freiem Himmel nicht den Bedürfnissen von Trockenheit und molliger Wärme im Bereich von 25 und gerne auch mehr Graden Celsius bis spät in die dunkle Nacht, gerne auch bis Mitternacht, hinein gewährleistet sind. Dann ist er den Jüngerinnen und Jüngern eines Deus-tempestatis-mus (Anm.: tempestas, lateinisch für „Wetter“), eben nicht gnädig, der „Wettergott“, weil der – in einer anrufbaren Personifizierung von Naturereignissen – mit Gewitter, (Stark)Regen, Sturm das Vergnügen nur unterm Himmelsdach zu beiden Seiten (Darbieten und Zuschauen bzw. -hören) nicht zulässt. So soll die Freude der sommerlichen Glaubensgemeinschaft über sich doch noch rechtzeitig verschiebende Wolkenbänke, aufklarenden Himmel und Ruhe in der Luft selbst in Lobgesängen in den Westen (wo der Wettergott wohl haust) erklingen, als ein Theaterensemble anhob und zum Dank der Wettergott-Güte für einen gesicherten Theaterabend draußen den guten alten Beatles-Hadern von „Here comes the sun“ in der steirischen Texttranskription von STS anstimmte.

Wäre der gerade beendete Satz nur entsprechend der gewählten blog-post-Rubrik wirklich Satire! Er beschreibt aber die Realität, dokumentiert in einem Video auf social media, um all das lästig fallende „Wettergott“-Gefasel der sommerlichen Freiluftkulturszene.

Foto: Pexels/Free Photo Library

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