Raum & Architektur

Die finnische Illusion

Wenn man den Kreisverkehr an der westlichen Stadtgrenze nach rechts verlässt, weist das Schild nach Krakau. Und das im oberen Murtal in der Steiermark (Österreich), konkret in Murau. Wenn Polen also auf dem Weg Richtung Sölkpass liegt, findet sich auch Finnland in der Vielfalt der österreichischen Landschaft. Schon in Admont sehen wir während unserer Fahrt eine erste „Finnland Block“-Holzhauskonstruktion.

Bevor die Verwirrung perfekt wird: es geht um unseren heurigen Urlaub. Eigentlich war eine Reise an die ostfinnisch-russische Grenze geplant, Flug von Wien nach Helsinki, weiter mit einer Propellermaschine nach Kajaani, dann eine mehrtägige Wanderung im Hossa Nationalpark entlang der Grenze, entlang von Seen, durch Wälder, unter anderem auch mit einer Bärenbeobachtung. Die Reise war gebucht und wir entschieden uns schweren Herzens, sie zu stornieren. Weswegen wohl! Zehn Tage vorm eigentlichen Reiseantritt hätten wir es ohnedies schwer gehabt, in Finnland einzureisen. Die steigenden Zahlen von Infektionen pro 100.000 Einwohner setzte uns Österreicher – trotz brüderlicher und schwesterlicher Verbindung in der Europäischen Union – wiederum auf den finnischen Index. Einreise ja, dann aber vierzehn Tage in Quarantäne: Wie das gehen sollte, wenn sich der eigentlich geplante Aufenthalt nur auf neun Tage erstreckt, löst sich mit dem, was dem Tourismus in diesem Sommer schwer zu schaffen macht. Stornierungen, Refundierungen. Der Sommer 2020 funktioniert komplett anders.

Wir disponierten im Juni erfolgreich um und fuhren nun im August an den Weißensee nach Kärnten, um den wie jeden Sommer überlasteten Hauptverkehrsrouten (das funktioniert immer!) auszuweichen, quer durchs Land, ein Roadmovie durch Österreich, von unserem Finnisch-Oberösterreich in die Finnisch-Steiermark (Admont, Murau) über die Turracher Höhe in unser Finnisch-Kärnten.

Die Spuren des ursprünglich für heuer ausgewählten Ziellands unserer ungebrochenen Skandinavienliebe, die wir gerade nicht ausleben dürfen, tragen wir in einer Sportuhr (Suunto #notspons) und einem Smartphone (Nokia #notspons) an uns. Die vielen Höhenmeter der Anreise, der Wanderungen vor Ort, wir erkennen sie als geologische Besonderheit unserer finnischen Illusion, die wir natürlich mit jedem Schluck Bier schmecken und die wir riechen, wenn wir die Nasen in die uns von unserem Quartiergeber zur Verfügung gestellte Kabine im alten Holzbadehaus am See stecken, – ja, da drin entfaltet sich der Duft einer Sauna.

In einer Internetbeschreibung einer unserer Bergtouren lesen wir: „Der See schlängelt sich einem nordischen Fjord gleich durch ein bezauberndes Landschaftsidyll.“ Stopp! Hier kippt die finnische Vision ins Norwegische. Und zurück nach Kärnten, in die Realität der Schönheit des Sees und seiner Umgebung.

Auch wenn ich das Überschreiten nationaler Grenzen, den Wechsel zwischen Kulturen, in den anderen Raum, seine Sprache, seine Landschaft, seine Natur, sein Licht, seine Luft für ein Wesensmerkmal des Reisens, darin meiner Selbsterfahrung und meiner Stärkung halte, unsere Gegenwart verlangt von uns für unsere Gesundheit und für unseren Beitrag zu einem Fortschritt im lösungsorientierten Vorankommen in der Pandemie eine Verhaltenseinschränkung; Demut also, die uns erkennen lässt, es lässt sich gut (und gesundheitlich sicher) leben und Urlaub machen in unserem Land. Für mich war´s nach vier Jahren auch ein schönes Wiederkehren an den Weißensee, sicher nicht zum letzten Mal.

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