Unser neuer Alltag soll es uns lehren. Zwischenbilanz: da ist noch gut Luft nach oben! Ich war am vergangenen Freitag nachmittags Laufen, für mich immer eine sportliche Aktivität in Einsamkeit, meditativ, den Kopf ausleeren, nur nicht mit irgendjemandem, der neben mir dahintrabt, auch noch etwas quatschen müssen. Ich verhielt mich wie ein Magnet zum nächsten Sportler, stieß mich ab, wechselte Straßenseiten. Sportliches „social distancing“ braucht mehr als einen Meter Abstand. Man kann sich, man muss sich dabei nicht wirklich riechen (wörtlich und im übertragenen Sinn gemeint).
Keine Laufstrecke in der unmittelbaren Umgebung meines Wohnens kommt ohne irgendeine schmale Wegpassage aus, auch nicht jene, die ich am Freitag wählte. Dass mich aber just an der einzigen Engstelle dieser 6km-Schleife ein drei Köpfe größerer Läufer mit dementsprechend langen Beinen überholen muss, zeugt von einer gewissen Distanzlosigkeit, die im Gebot dieser Tage besonders ungut auffällt. Respekt hieße hier, das eigene Tempo halt kurz einmal abzustellen und das Überholmanöver auf fünfzig Meter später bei dementsprechender Wegbreite aufzuschieben.
Samstags dann in einem Supermarkt: fast alle tragen Latexhandschuhe und schieben ihre Einkaufswagen vor sich her. Kaum irgendwer kann allerdings Abstand halten. Umgekehrt wäre es besser, niemand trägt Handschuhe, alle achten auf den Abstand, warten vielleicht ein paar Sekunden länger, um an bestimmten Sammelpunkten des Geschäfts (Kühlregal, Backwaren) nicht dichte Menschenmengen zu erzeugen. Das Anstellen an den Kassen darf auch noch luftiger werden. Gelungen fand ich in diesem Zusammenhang eine regelmäßig wiederkehrende Ansage in einem anderen Supermarkt, in der der gebotene Abstand sinnbildlich kommuniziert wird: „Halten Sie ein bis zwei Meter Abstand! Das entspricht der Länge Ihres Einkaufswagens!“ In meiner Fantasie mutierten die Einkaufswagen sofort zum Autodrom im uns vorerst verbliebenen Vergnügungsbereich des Versorgungsnachschubs.
Übrigens: was als intensiver nahezu täglicher Einkauf nun für mich selbst erscheint, ist in Wirklichkeit der für drei Haushalte, meinen, den meiner Eltern und den einer sehr guten Freundin (sie gehören zu Risikogruppen).
Fazit am Ende von Woche eins mit Perspektive auf Besserung in der Zeit des „lock downs“: wir müssen physisch mehr auf Distanz gehen. Das braucht Achtsamkeit dafür von allen. Die fünf Prozent Unbelehrbaren wird es weiterhin geben. Ich durfte eine ausgezeichnete Konflikt-Kommunikationsausbildung genießen und mein Trainer berief sich auf einen seiner sehr renommierten Lehrer, der für die besagten fünf Prozent nur einen Fachbegriff übrig hatte: er nannte sie die A****loch-Typen.
Foto: Nur Disziplin von uns allen rettet uns jetzt in absehbarer Zeit – Rescuebelt-Hinweis am Jökulsárlón (ISL)
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