Essen & Trinken

Muss weg! Muss weg?

Blick ins Glas: Weiterhin auf Zweigelt? Oder doch auf „Blauer Montag“?

Was haben das Logo der Salzburger Festspiele und Rotwein aus Kreuzung von St. Laurent und Blaufränkisch gemeinsam? Beide befeuern gegenwärtig den Diskurs zum Umgang mit der Vergangenheit. In den Diskussionen wird verlangt, sowohl das Logo als auch die Bezeichnung Zweigelt zu entfernen. Ihre Urheber haben nachweislich nationalsozialistische Vergangenheit. Das Logo entwarf Poldi Wojtek (1903-1978) als Wort-Bild-Marke 1928, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler charakterisiert es so: „Dieses Logo ist zeitlos gut“ (Salzburger Nachrichten, 7. Jänner 2019, S. 9). Der Wein erhielt 1975 den Namen von Fritz Zweigelt (1888-1964), dem die Kreuzung gelang.

Muss weg! Diese Losung vertreten viele, die zu Spuren des Nationalsozialismus forschen und sich daran stoßen, dass in Österreich oder Deutschland beispielsweise Straßen noch immer nach Nationalsozialisten benannt sind.

Muss weg? Ich erinnere mich an die berührende Dokumentation von Lisa Gadenstätter, die der ORF im Zuge seines Programms zum Gedenken an das Jahr 1938 produziert und im März 2018 gesendet hat. In ihr sprach die Gestalterin mit Zeitzeugen und erörterte darin die Frage, ob die Generationen danach Schuld trügen. Einer verneinte und räumte allerdings ein, dass wir Nachgeborenen uns dann schuldig machen würden, wenn wir vergessen, was geschehen ist. In diesem Sinn müssen die Spuren der Vergangenheit erhalten bleiben, um sie als Menetekel zu verstehen. Die Energie ihrer Ausforschung hätte eine bessere Zielrichtung, sich der Aufklärung und einer breiten Bewusstmachung der Genese dieser Zeichen zu widmen als das Löschen dieser Einschreibungen in unser Leben zu betreiben. Würde man im Sinn jener, die für das Tilgen der Erinnerungsreferenzen eintreten, in aller Konsequenz handeln, dann gelte es auch, nur am Beispiel etwa der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, die Autobahn, die Brückenkopfgebäude, das Gelände der Stahlindustrie und all jene Wohngelegenheiten zu schleifen, die im Volksmund heute immer noch „Hitlerbauten“ genannt werden.

Für den in Österreich weithin an- und ausgebauten Zweigelt schlägt das die Aktion „Abgezweigelt“ betreibende „Institut ohne direkte Eigenschaften“ als neuen Namen „Blauer Montag“ vor, wohl als Synonym für Müßiggang, kulturhistorisch unter anderem auch darin verwurzelt, dass die Färber Stoffe zur Oxidation zum Trocknen aushängten und sie darum diese und durch das Abwarten dabei selbst „blau machten“. Am Namensvorschlag stört mich zudem, dass im gegenwärtigen Sprachgebrauch der „blaue Montag“ eine parteipolitische Vereinnahmung erhalten hat. Es handelt sich um einen Tag des Feierns unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie sich diesen (auch in Achtung der eigenen Parteifarbe) die Freiheitliche Partei Österreichs nach einem erfolgreichen Wahlsonntag gönnt.

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