Der Vater streicht Topfen auf Toastbrot, mit einem Teelöffel verteilt er dann darauf Marmelade. Die Hand führt das Frühstück zum Mund. Des Sohns. Der Sohn ist Thomas Bammer, sein Vater eine Puppe, die er spielt, gebaut von Marianne Meinl. Sie hat die Gesichtszüge des Schauspielers perfekt getroffen und altern lassen, in einem Oberlippenbart, mit Brille, ergrautem Haar, Falten, in die Erfahrungen, Belastungen und – ja, wohl auch jene Routinen eingeschrieben sind, die dem Vater strenge Rituale geworden und gewesen sind: der Text verwendet dazu das Essen (als Metapher). Der Vater habe keine Jahreszeiten gekannt, sagt Schauspieler Thomas Bammer im Theatermonolog „Spargel in Afrika“, er habe das Jahr nach seinen Essgewohnheiten gegliedert: das Frühstück wie dargestellt, am Abend zwei Scheiben Pumpernickel und ein Glas Bier, vielleicht einmal ein Glas Wein, die Hauptmahlzeit nach saisonalen Gegebenheiten, darunter auch die Liebe für den titelgebenden Spargel, verzehrt in einer speziellen Technik, die ihren Abschluss stets im Abtupfen des Munds mit einer Serviette fand. Genau dieses Abtupfen setzt er auch nach dem Verzehr jener zwei Scheiben Toastbrote, die sich der Sohn im Puppenspiel als Vater (und also selbst) zubereitet.
Julia Ransmayr hat in ihrer Inszenierung hier ganz genau gearbeitet. Zwei Figuren, gespielt von einem Mann, beginnen sich in dieser Szene übereinanderzulegen. Thomas Bammer, heute freischaffender Schauspieler mit Lebensmittelpunkt Ottensheim nahe Linz (Oberösterreich), öffnet für diesen Abend den Blick ins eigene Leben. Da kommen Erfahrungen aus der Familie auf die Bühne, von seiner Frau, der Schriftstellerin Corinna Antelmann zu einem feinsinnigen Monodrama gesponnen, in dem der Sohn in verschiedenen Motiven von der Begegnung mit dem alternden Vater, nun lebend im 22. Stock eines Pflegeheims, erzählt. Der Sohn trifft den Vater nicht an, sucht ihn, interpretiert die Eierschwammerl auf der Speisekarte als Lockruf für seinen alten Herrn als Gourmet. Dabei brauchte eine gesundheitliche Indikation einen sofortigen Spitalsaufenthalt.
In diese Wartezeit eines Abschiednehmens trägt der Sohn Erinnerungen, Freude, Last, Widerstand und Leid der Beziehung zum Vater, den Spiegel auch seiner selbst, wie viel von ihm steckt auch in mir? Mein Widerstand habe dich erst für den Beruf stark gemacht, sagt Bammer als Stimme des Vaters, nachdem ihm dieser unterm Weihnachtsbaum Schillers „Don Carlos“ rezitierte, als Unterstreichung der Entscheidung für den – der Vater: so unsicheren – Beruf des Schauspielers. Die Beziehung zwischen den Generationen verursacht Reibemomente, die sich mal besser, mal schlechter bewältigen lassen. Bis eines Tages der Generationen-Aufzug um eine Ebene höher fährt.
Kann es dann gelingen, sich die eigene Kindlichkeit zu erhalten, Sohn zu bleiben, aber auch selbst Vater, Mann, Ehepartner? Die Fragen der Bewältigung all der verschiedenen sozialen Rollen ist entscheidend für jede und jeden von uns. Ausgehend von einem Blick in die eigene Familie lädt die Familie Antelmann-Bammer mit ihren künstlerischen Mitteln, Literatur und Theater, ein, sich damit auseinanderzusetzen, sich selbst darin zu finden und zu reflektieren. Wer dies annimmt, wird tief berührt und dafür sehr dankbar aus diesem Theaterabend gehen.
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