Am Anfang war dieser Link (danke, Tochter!). Irgendwann im vergangenen November mogelte sich in einer Fußgängerunterführung die Plakatbotschaft in den Augenwinkel, Stunden später waren die Karten auch schon gebucht. Gestern machte Scott Bradlees „Postmodern Jukebox“ (PMJ) im Rahmen der Tour 2016 im Linzer Posthof Halt.
„Vote PMJ – for a beautiful yesterday“ – diesbezügliche Buttons gibt’s als Merchandising. Nein, alt ist nicht immer gut, nur in diesem Fall stimmt’s: PMJ verwandelt Popmusik der Gegenwart in einen Vintage-Style von Jazz und Swing. Das scheint zwar simpel, bedarf allerdings einer genialen Umsetzung. Die Formation ohne feste Besetzung lebt von den famosen Arrangements, die fünf Musiker (Piano, Bass, Schlagzeug, Saxophon/Klarinette, Posaune) und fünf Sänger in einer raffiniert gebauten zweistündigen Show interpretieren. Dann und wann wird ein bisschen Moderation eingestreut und zwischendurch akzentuiert immer wieder optisch und perkussiv der „tap dance“ von Sarah Reich, die sich zur Hälfte mit dem Kollegen vom Schlagzeug und seinen Sticks eine „battle“ liefert. Von „All About That Bass“ (Meghan Trainor) spricht PMJ selbst vom Klassiker, dazu gehören mit Sicherheit auch ihre Interpretationen von „Bad Romance“ (Lady Gaga), „Rude“ (Magic) oder „Shake it off“ (Taylor Swift). Wenn der drängende Beat Sänger Von Smith in die Interpretation von Justin Timberlakes „Cry Me A River“ führt, weiß man noch nicht, dass PMJ daraus eine große Ballade ganz im Stil eines James-Bond-Soundtracks macht. Jüngst fand bereits Justin Biebers „Love Yourself“ in die postmoderne Jukebox.
Verpasst man den Songs des heutigen Powerplays auf den Radiostationen dieser Welt diese Zeitreiseschleife, entsteht so etwas wie eine „alternative history of pop“. Wie hätten die Protagonisten der gegenwärtigen Musikszene geklungen, hätten sie in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts (oder auch später) reüssieren wollen? Das lustvolle und frei kombinierende Spiel mit den Elementen – ein Wesensmerkmal der Postmoderne als Philosophieströmung! – umfasst auch, dass die Bearbeitungen durch die dominanten Massenmedien popularisiert werden: PMJ publiziert jedes Arrangement als Video auf YouTube, knapp zwei Millionen haben den Channel abonniert. Der Auftritt erfolgt da in einem Set wie aus einem leergeräumten Wohnzimmer. Wie Hausmusik, die auch bei Ihnen nebenan gepflegt werden könnte!