Die vierte Welle rauscht durchs Bundesland Oberösterreich. Epidemiologen wurden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass hier eigentlich nur mehr ein Lockdown hilft, und zwar ein harter, einige Wochen lang, von uns allen. Impfstatus egal.
Natürlich windet sich die Politik, fürchtet noch mehr Widerstand. Sie vermutet eine Abkehr vom Impfwillen, der in den späten Erststich-Konsumenten zwar noch mit einer kleinen Welle läuft. Diese wird sich aber bald erschöpfen. Also ist da nichts mehr zu verlieren. Zögert die Politik, weil es um Wirtschaft geht? Konkret um den Handel, der sich gerade in seine nach Kriterien „alter Normalität“ bemessen umsatzstärksten Wochen bewegt? Jetzt könnte man einwenden, dass die Verfügbarkeit von Gütern, die als Geschenke unter den Baum gelegt werden können, Berichten zufolge ohnedies eingeschränkt ist. Wofür also macht man sich stark? Für Wintertourismus, der im stärksten Gästesegment, unseren Freundinnen und Freunden aus Deutschland, gerade am Umstand länger leiden wird, dass unsere Nachbarn verständlicherweise Österreich zu einem Hochrisikogebiet erklärt haben? Aus diesem ist vor allem für Familien (mit noch nicht impfbaren Kindern) die Rückkehr in die Heimat schwierig, weil quarantäne-pflichtig.
Fakt ist: Unser Gesundheitssystem geht in diesen Tagen an und in wenigen über die Belastungsgrenze.
Als bislang zweifach Geimpfter, dritter Stich folgt bald, gehe ich nun in den vierten Lockdown. Er wäre vermeidbar gewesen. Dennoch bin ich bereit, im Sinne des Allgemeinwohls, in solidarischer Haltung als Bürger noch einmal auf Freiheiten zu verzichten. Und zwar zum ausschließlichen Zweck, dass wir diese Freiheiten bald möglichst alle wieder genießen können. Dazu braucht es jetzt nochmals Einschränkungen, Disziplin und ein Umsetzen bürgerlicher Pflichten. Die Wissenschaft hat das Exit-Szenario aus der Pandemie genau bestimmt und dementsprechend exzellent gearbeitet, es gibt Impfstoffe. Virologe Christian Drosten betonte richtigerweise, dass die Wissenschaft ihren Part erledigt hat. Das Andere liegt bei der Politik. Und die einzig verbleibende Lösung heißt nun: allgemeine Impfpflicht für alle Impfbaren. Diese um- und durchzusetzen, ist der Job jener, die die Regierungsämter eingenommen haben. Mit allen Mitteln, mit allen Begleiterscheinungen. Nur vorsichtig kommt das Thema ins politische Gespräch. Warum eigentlich erst jetzt? Die Politik hat komplett übersehen, die Interessen einer geimpften Mehrheit zu schützen und zu unterstützen. Streng genommen müssten darum einige nun ihre Sessel räumen. Sie werden es nicht tun. Moral, Anstand, Selbstreflexion fehlen.
Mit diesem letztmaligen Verzicht, und zwar einem wirklichen (ein Lockdown wie damals im Frühjahr 2020, nicht so ein Lockdownerl wie im Herbst 2020) bringen wir die Sache ins Lot. Und, ja, das tut weh. Jeder, jedem. Ich rechne wiederum mit geschlossenen Sport- und Freizeiteinrichtungen. Die schmerzvolle Entbehrung, meinen Sport ein paar (hoffentlich nur wenige) Wochen nicht praktizieren zu können, ertrage ich noch einmal, weil es mir das wert ist für den Umstand, dass es dann sicherer ist und vor allem dass nicht Menschen auf längst anstehende Behandlungen und vor langer Zeit geplante Operationen weiterhin warten müssen.
Und übrigens: Lockdown muss heißen, dass die Schulen offen bleiben. Das – furchtbares Wort, ich weiß – Testregime funktioniert ganz verlässlich. 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche werden regelmäßig gescreent, mit ihnen indirekt auch ihre Eltern. Das kann was. Zudem: Die Tagesstruktur, die Schule als sozialer Ort bietet, ist für junge Menschen unerlässlich.
(Veröffentlicht in Kenntnis der Sachlage zum Stand 18.11.2021, 17:00 Uhr) – Foto: Pexels/Free Photo Library
Kategorien:Gesundheit, Politik