Am Montag mache ich nach dem Dienst noch ein paar Besorgungen in einem innerstädtischen Einkaufszentrum: Im Erdgeschoss lange Menschenschlangen vor der Station mit den Gratis-PCR-Tests, einen Stock höher Menschenschlangen wie schon lange nicht mehr vor der im selben Gebäudekomplex untergebrachten Impfstraße. Ein erster Stich in Kombination mit einem negativen PCR-Test stellt eine und einen gleich zu 2G (geimpft und genesen). Das löst den Run aus. Um 17:45 ist an diesem Montag Anmeldeschluss für die Tests. Die Einsatzteams werden Stunden darüber hinaus die neuen Willigen betreuen, impfen und testen.
Die auf 2G reduzierte Zugangsschranke hat die Bundesregierung am Freitag zuvor bekannt gemacht und ohne längeren Aufschub mit Montag zur Mitternacht in Kraft treten lassen. Von straffer zu nehmenden Zügeln sprach unser Bundeskanzler in diesem Zusammenhang.
Das war längst überfällig. Zu lange schauten sich die Entscheidungsträger den immer wieder sehr bekannten „elephant in the room“ an. Das offensichtliche Problem sieht jede und jeder, aber dennoch spricht es niemand an. Dann schossen in Österreich die Infektionszahlen in lichte Höhen, insbesondere in den Bundesländern Oberösterreich und Salzburg. Betten in den Krankenhäusern füllten sich, etwas zeitversetzt auch jene auf den Intensivstationen.
Am Dienstag dann gehe ich nach meiner Arbeit zum üblichen Frühabendzeitpunkt schwimmen. Und finde beim Hallenbad viele verfügbare Parkplätze, einen unterbeschäftigten Kontrolleur fürs 2G beim Einlass, auch zwei Bahnen statt sonst nur einer, die für sportliche Schwimmerinnen und Schwimmer vorbehalten sind, also viel Platz und wenig Frequenz im Becken. Daraus schließe ich, dass ein Großteil der Badegäste bis zuletzt über den Zugangsweg „getestet“ ihrem Freizeitvergnügen nachgegangen sein muss. Das hätte ich bisher nicht so eingeschätzt und rückblickend empfinde ich es als leicht gruselig.
Mittwoch, beim Lebensmitteleinkauf: Woher kommt eigentlich die Leichtfertigkeit und wer trägt die Verantwortung für das Risiko, dass Personal im Lebensmittelhandel seit Tagen ohne Masken seiner Arbeit nachgehen darf? An der Kassa hängt die lapidare Information, dass der 3G-Check der Mitarbeiterinnen ihnen zur Maskenbefreiung verholfen hat. Aber es sind genug Kunden mit Maskenrändern unter frei gelegten Nasen und teilweise immer wieder auch welche von der „Sch…-auf-jede-Regel“-Fraktion ganz ohne Untere-Gesichtshälfte-Schutz unterwegs. Ihre Aerosole wabbern durch die Arbeitsplätze der guten Seelen der Nahversorgung.
Donnerstagmorgen: Das ist regulär die Prüfung par excellence auf Stau-Resilienz für jede und jeden im Individualverkehr Pendelnden, die/der in die Stadt Linz muss. An diesem Donnerstag ein Kinderspiel, von Süden her (mein Weg), vom Norden her ebenso (der Weg in die Arbeit eines Kollegen). Sind tatsächlich schon so viele Impfunwillige im Home-Office?
Freitag: Auch da geht es um den Pendlerverkehr. Nach der gegebenen Frequenz könnte heute auch ein Urlaubstag im Hochsommer sein, er wäre halt etwas unterkühlt und sehr nebelverhangen ausgefallen.
Wochenbilanz: Diejenigen, die der Impfung gegenüber nur skeptisch sind, quietschen mit der 2G-Regel auf. De facto ist das Leben für sie reduziert auf einen Lockdown-Status, Arbeiten, Grundversorgung, Beine vertreten. Bitter ist es für jene, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Diese trifft 2G hart, unverschuldet. Da wurde juristisch noch nicht sauber gearbeitet. Die Nachbesserung steht aus. Jetzt heißt es für Oberösterreich ab Montag „Lockdown für Ungeimpfte“. Auch hier trifft es unschuldig in den Status Geratene, wobei sich die Umsetzbarkeit dieser Regelung wohl an der Praxis der Kontrolle und an verfassungsrechtlichen Expertisen wird messen lassen müssen.
Bleibt von nun an in notwendiger Weitsicht die alles entscheidende Frage: Wie unterbindet man, dass die politischen Entscheidungsträger in einem nächsten Sommer wiederum alles verschlafen und uns ein drittes Mal in der kalten Jahreszeit eine Pandemie-Welle überrollt?
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