An diesem Nachmittag scheint alles anders. Dienstschluss, mein Ziel: Hallenbad. Normalerweise steuere ich mein Auto dafür zuerst durchs Stop-&-Go der Linzer Stoßzeit. An diesem Tag gibt es freie Fahrt, das kommt überraschend. Angekommen an der Stätte meines vorabendlichen Schwimmtrainings erkenne ich sogleich den Grund: Sie sind alle schon da!
Auf der Sportschwimmern vorbehaltenen markierten Bahn tummeln sich bereits acht Superschnelle. Im freien Bereich brodelt das Wasser. Schon beim Zuschauen sieht man, kaum eine oder einer, die oder der hier gerade Bahnen zieht. Wasserslalom ist angesagt. Auf den niedrig nummerierten Bahnen halten sich laut ungeschriebener erweiterter Badeordnung jene über Wasser, die wir Sportschwimmer sehr gerne und freundlich die „Trockenhaarschwimmfraktion“ nennen.
Ich suche mir meine vierzig Zentimeter Wasserbreite auf 25 Meter Beckenlänge, jenen schmalen Wasserquader also, auf dem ich heute mein – angesichts der Schwimmermenge – auf Bescheidenheit heruntergetrimmtes Techniktraining absolvieren möchte. Einschwimmen (Bruststil) funktioniert noch ganz gut, erste „Spielereien“ von Mitschwimmern inbegriffen, Marke – wenn zwei auf Kollisionskurs aufeinander zuschwimmen, wer hat die stärkeren Nerven, wer weicht so spät wie nur irgendwie möglich aus? Dann erste Kraullängen: geht so, meine Kopfhaltung ist jenseits dessen, was einer guten Technik entspricht. Statt dem obligaten 45-Grad-Blick in den Beckenboden bzw. auf die Längenmarkierung scanne ich den Schwimmraum vor mir auf freie Schwimmfahrt. Dann passiert es: mich kneift ein entgegenkommender Brustschwimmer im Abschluss seines Armzugs in die Pobacke. Zufall? Absicht? In beiden Fällen: unnötig. Ein paar Längen später quert (!) eine Brustschwimmerin die längsgerichteten Schwimmbewegungen der Mehrheit und ordnet sich aus dem toten Winkel kommend just vor mir ein, Tritt in meine Magengrube inklusive. Ebenso: unnötig.
Ob Bahnenbegrenzungen angebracht sind oder nicht – es sollte (!) keine Schwierigkeit darstellen, zu einer Art Verkehrsregelung selbst in einem überfüllten Schwimmbecken zu finden. „Ringerl“ nennen Sportschwimmer diese Rechtsverkehrsordnung, die bei Wettkämpfen in Bahnen selbstverständlich und entsetzlich einfach ist. Man hält sich immer etwas rechts der Längenmarkierung am Beckenboden und bringt auf 25 Meter Länge bis zu zwölf (!) Schwimmer unter. Es scheint nun natürlich, als ob ich Sportschwimmer die Kooperationsbereitschaft der sogenannten Freizeitschwimmer anzweifle: Ja! Es beruht auf zahlreichen empirischen Beweisen. Und ihrer mangelnden Schwimmintelligenz.
Noch ein ungeschriebenes Schwimmintelligenzgesetz zum Schluss: gegenteilige Ausgangssituation, also nahezu menschenleere Halle, nahezu menschenleeres Becken. Jede Menge Platz und eine komplett freie Bahn für ein knackiges Training. Mit hundertprozentiger Gewissheit taucht irgendwann auf einer deiner schnellen Längen ein planschendes Kind aber so etwas von genau vor deiner Badekappe auf.
Fotoquelle: farb.werk, mit freundlicher Genehmigung
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