Soziales Handeln

Die Katze hat einen Vogel

Was für ein despektierlicher Anfang einer Liebeserklärung, die ich unserem Familienmitglied Felicitas, gerufen Feli, heute machen muss! Anlass: Ihr Geburtstag morgen! 15 Jahre, ich fand im Internet eine Umrechnungsformel, derzufolge Katze Feli morgen 76 (Jahre Menschenalter) wird.

Unsere Tigerkatze hatte vom Frühjahr 2010 weg wenig glückliche erste Lebenswochen. Doch das Schicksal wollte es, dass sich Katzenfreundinnen und -freunde um sie kümmerten, in Neuzeug bei Steyr (Oberösterreich), wo ein Katzenhaus als Sozialeinrichtung für kätzisches Wohlbehagen sorgt. Bis halt jemand kommt, so wie damals Frau und Kind: Wir hatten zuvor den Tod unserer Kira (ebenso vom Boomer-Katzenhaus in Neuzeug) zu beklagen und die Idee der beiden war eigentlich nur die: „Wir schauen mal!“. Die Katzentransportbox muss irgendwie zufällig im Auto gewesen sein.

Mir ging´s damals gerade gesundheitlich nicht so gut, ich lag krank im Bett, als die beiden nach Hause kamen und sich im Vorzimmer trotz weicher Pfoten so ein halbjähriges Tigerkätzchen doch hörbar den Raum (das „L“ des Vorzimmers) erkundete. Es muss da Kilometer im Auf- und Ablaufen gemacht haben. Raum- und Familienwechsel, Stress pur! Irgendwann machte Frau oder Kind die Schlafzimmertür auf und ich hatte plötzlich eine neue Katze als Spazierläuferin auf meiner Bettdecke. Mir blieb das Recht, ihr einen Namen zu geben, zweisilbige Kürze empfiehlt sich. Ich nahm „Feli“ für den lateinischen Tiernamen felis und weil wir in unserer Familie literarisch, journalistisch und überhaupt immer mythenbildend sind, wurde dann die Langform Felicitas daraus und ganz vollständig heißt sie ja: Felicitas Amadé Wolli R. von Neuzeug. Katzen-Adel verpflichtet! Zum Blödsinn-Machen erst recht.

Feli ist Freigängerin, dort wo sie (mit uns) zuvor wohnte und erst recht jetzt, mit eigenem Garten und also richtig schön großem Revier, durch welches Katzen und Kater der Nachbarschaft streunen, manche von ihr geduldet, manche nicht. Eindringen ins Habitat musste in früheren – jüngeren – Jahren in Raufhändel abgearbeitet werden, die Schrammen an Feli signalisierten an ihr eher den Verlierertyp.

Das Glück ist, dass sie uns, die sie uns wohl als ihre Mit-Katzen versteht, akzeptiert, auch wenn wir in ihren zahlreichen Betten liegen, oder auf der Couch dort sitzen, wo eigentlich ihr Platz ist. Mich beeindruckt ihre unglaubliche Fixierung auf die Herzallerliebste, da kann Verhaltensforscher Konrad Lorenz mit seiner Graugans-Theorie das Weite suchen, Feli bleibt hier an der Ferse – der Haupt-Dosenöffnerin. Die aber auch Strenge walten lässt.

Ja, wir sind eine Familie, die mit ihrer Katze spricht (und sie mit uns, vom Piepser bis zum Geheule, wir verstehen alles von ihr). Wir wissen, dass Katzen tatsächlich einen gar nicht so geringen Wortschatz beherrschen. Die Katzenmutter (Mensch) schimpft auch, wenn man zum Beispiel einen noch lebenden Jungvogel ins Haus schleppt. Frisches Futter (weil noch lebend), die Maunzer sind dann etwas lautlich verzerrt, klar, Vogel im Maul, es klingt vergleichbar der Posaune, der man den Dämpfer ins Schallstück setzt, aber immer noch mit dem Stolz, hier Beute zu präsentieren. Was macht die Liebste? Holt Luft und hält der Katze den Vortrag auf Moral: „Du frisst den Vogel ja eh nicht“ (Mäuse übrigens schon, trotz guter Stärkung mit allem aus den Dosen) und weil die Katze ja geschickt ist, schiebt sie die im Schock starre oder zittrige Beute unter irgendeine Kommode, wo sich der Vogel in Sicherheit glaubt; die Katze meint, dass die Jause gut aufgehoben ist. Dann starten wir die Rettungsoperation. Wir sind aber Team Vogel.

Noch eine aus gefühlt tausend wunderbaren Episoden mit unserer Katze, die den Vogel hat (auch im übertragenen Sinn, logisch, in einer Familie, die ebenso „ihren Vogel“ hat): Eines Frühlingabends brachte sie einen Nachtfalter, „Spinnst du, das ist eine Eule, die sind vom Aussterben bedroht!“, so meine Frau. Es gelingt ihr, den Eulenfalter aus dem Raubtiergebiss vorsichtig zu befreien und in den nächtlichen Garten zu evakuieren. Die Katze gibt Laute des Protests von sich und verschwindet dann. Wir sitzen später auf der Fernsehcouch. Madame Katze kommt doch dazu, etwas geknickt, springt auf die Lehne und balanciert sich bis zum Haar der Herzallerliebsten vor und beginnt dieses, so wie ihr Fell, mit der Zunge zu putzen, wohl als Entschuldigung dafür, was man zuvor angestellt hat.

Wir wünschen dir noch hoffentlich viele gesunde Lebensjahre (eins für Mensch ist vier für eine Katze, die ersten zwei Katzenjahre gelten für 24 Menschenjahre) und holen dich weiterhin vom Baum, den du im jugendlichen Übermut erstürmst, dann aber nicht mehr Lust hast, im Retourgang (und damit funktionsgerecht mit Krallen im Stamm gesichert) hinunterzuklettern. Zum Geburtstag schenke ich dir, so glaube ich, nun endgültig meine Laptoptasche, weil du diesen Kunststoff als Unterlage so was von magst, was du zeigst, in dem du auf ihm liebend gern schläfst.

2 replies »

  1. Eine Schönheit, die Mieze 😊 Weiß man denn überhaupt, wie die Gegner zugerichtet wurden, ehe man sie als „Verlierertyp“ verleumdet??? 😎 (Ich frage nur für die Generalkatzenanwaltschaft, die schon die Krallen schärft, um diese Rufschädigung zu rächen *gg*)

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