Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein schwaches Regnen (zuerst am vergangenen Montagnachmittag, dann ab Donnerstag etwas nennenswerter) die Dürre der Wintermonate nördlich der Alpen nicht ungeschehen.
Dabei sagten sie uns an, dass der in Wärme erblühende Frühling die Natur ins Austreiben bringen wird. Nichts dergleichen geschah und mich plagte eine schreckliche Fantasie. Faktenlage dahinter. Die Grundwasserspiegel sind ja enorm gesunken, da es nach den Starkregenereignissen im vergangenen September kaum mehr etwas gegeben hat, was die Begrifflichkeit von Niederschlag wirklich verdient hätte. Was also wäre, wenn die Natur sagen würde, zwar habe man seit Anfang November tief im Boden gekeimt – aber austreiben? So ganz ohne Wasser? Nein! Wieso? Streik!
Die Farbe der Versteppung, heraus aus einem Winter, der auf Seehöhe 220 bis 330 Meter (meiner Lebensmittelpunkte) in der Nordstaulage des Wetterregulators Alpen keiner war, setzt sich durch und bleibt. So, als würden die Pflanzen in sengender Hitze ihr Grün zuerst in alle hellbraunen Farbtöne gewechselt haben, dann ins Gelbe des Vertrocknet-Seins: eine abfärbige Umwelt also. Dieses Adjektiv des österreichischen Deutsch passt selten so genau.
Als in diesem „Winter“ eines Abends unter den neuen LED-Lampen der Straßenbeleuchtung vor den Fenstern meiner Wohnung vielleicht drei Schneeflocken pro Minute durchfleuchten, also ein Weiß ohne wirkliches Bildrauschen, wie das Wintertage und -abende mit richtigem Schneefall so mit Ruhe erfüllen könnte, rückte der städtische Dienst doch tatsächlich aus, um reichlich Streusalz auf einer schneelosen Fahrbahn zu verteilen. Im Volksmund spricht man hier gern von Planwirtschaft. Die Tonne Salz (und nicht nur eine!), die heuer nicht den Straßenbelag bedeckt und hellgrau macht, gibt es im nächsten Winter nicht mehr kalkuliert, gelagert, einsatzbereit. Aber vielleicht braucht man sie dann, und zwar wirklich. Darum salzt man. Auch, wenn nichts ist.
Ich schmecke das in der Übergangszeit aus jedem Winter heraus immer. Denn das Salz schwebt dann, aufgewirbelt, in der Luft. Und irgendwie landet es auf meinen Schleimhäuten. Ich verbiete mir nachzudenken, wie es dann – falls Regen fällt – in die Böden, die Erde, die Felder gewaschen wird, in den Nahrungskreislauf eintritt und was es da wohl anrichtet.
In der Altbauwohnung, in der ich lebe, zeigt der Hygrometer in einem Winter, der Feuchtigkeit durch angemessen reichlich Niederschlag kennt, Luftfeuchtigkeit im Innenraum im Bereich von 53 bis 56 Prozent. Am Ende des aktuellen „Winters“, das einem vor zehn Jahren hochbetagt verstorbenen Nachbarn folgend mit dem letzten Februartag zu bestimmen ist, war 43 ein Höchstwert, um die 40 die Regel. Trockenheit.
In den Fernsehbildern des Wintersports schrumpften die Schneebänder, künstlich fabriziert oder aus Schneedepots des Winters zuvor gebaut, zum knappen Aktionsraum der Athletinnen und Athleten. Heute vor einer Woche notierte ich als Definition: Klimawandel ist, wenn im Wintersport Biathlon Leistungssportler wegen Pollenallergie ausfallen.
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