Mit dem Brandner Kaspar ist das so eine Sache. Seinen Platz in der Ewigkeit des literarischen Kanons hat er sich mit der Kraft des Kirschgeists und dem betrügenden Kartenspiel erworben, weil er damit den „Boanlkramer“ (Tod) – mit Verlaub – „beschissen“ hat; kein anderes Verb drückt es besser aus. Darin wächst der Wilderer in der Bühnenfassung des Stoffs auch zu jenem Lebemann, der sich unter Einsatz von Hochprozentigem und dem aus dem Spiel gezogenen „greanen Ober“ 18 Lebensjahre mehr sichert.

Wie Christian Higer und Michael Rastl verhandeln, das muss man gesehen haben: „Der Brandner Kaspar und das ewig´ Leben“ – Foto: Christian Brachwitz/Landestheater Linz
Am Landestheater Linz (Oberösterreich) zeigt man nun eine oberösterreichisch eingefärbte Version der Bühnenfassung von Kurt Wilhelm nach Franz von Kobells Erzählung. Die Spielzeit 2018/2019 steht unter dem Motto „Die Welt aus den Fugen“ und so lassen Kaspar und der „Boanlkramer“ selbst die präzise Allewigkeit aus den bürokratischen Geleisen springen. So viele Jahre Kaspar mehr bekommt, nimmt der Tod der ausgeglichenen Energiebilanz wegen von der Lebenszeit seiner Enkelin Mariedl. Zur Reparatur lässt der „Boanlkramer“ den alten Sturkopf ins Paradies blicken, schon drei statt 18 Jahre nach verhandeltem Pakt übers fortgesetzte Leben im Wilderer-Saus-und-Braus. Dass der sich zum Verbleiben im Himmel animieren lässt, ist religiöse Verklärung nach Maßgabe der Entstehungszeit der ursprünglichen Erzählung, sie erschien erstmals 1871.
Diese Jedermann-Variante im Volksstücksgewand kommt in Markus Völlenklees Inszenierung in der ersten Halbzeit ein wenig disparat daher. Das erste Bild bleibt flau, da werden in Alfred Peters Bühnenbild hohe Stelen mit Baumfototapete bewegt und mühsam kommt der soziale Konflikt zwischen genehmigter Jagd für die edlen Gäste und die wirtschaftlichen Interessen der Wildererfamilie Brandner über die Rampe. Man merkt den Ensemble-Mix aus exzellenten Kräften des Hauses mit Schauspielstudierenden der Anton-Bruckner-Privatuniversität, deren Talentproben sehr unterschiedlich ausfallen. Im dritten Bild, wenn Kaspar seinen 75. Geburtstag feiert, wird sich der notwendige Schwung in den folgenden Vorstellungen gewiss noch einstellen.
Oder vergeben diese beiden Szenen ihre Chancen, weil dazwischen dieses famose Kabinettstück liegt, wenn Michael Rastl als Kaspar und Christian Higer als wendiger Wurm von einem „Boanlkramer“ ihren Deal besiegeln? Der beiden wegen muss man hingehen, und auch all das, was sarkastisch und boshaft im oberösterreichischen Himmel (Vasilij Sotke als Adalbert Stifter!) nach der Pause verhandelt wird, verdient regen Publikumszuspruch, zumindest von allen, die zwischen Inn und Enns zu Hause sind!
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