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Solidarität und Identifizierung auch mit dem Libanon: Beirut war am Freitag ebenso Ziel von Anschlägen - Quelle: fahnenbilder.de

Solidarität und Identifizierung auch mit dem Libanon: Beirut war am Freitag ebenso Ziel von Anschlägen – Quelle: fahnenbilder.de

Nachdem der Krieg des Terrors gegen eine demokratisch freie Welt am vergangenen Freitagabend Paris schwer getroffen und 129 Menschen das Leben genommen hat, reagierten Menschen in den sozialen Netzwerken entweder mit der Veröffentlichung des zum Friedenssymbol mutierten Eiffelturms oder sie verschleierten ihre Porträtfotos mit der Trikolore. In facebook ging das nicht ohne Häme ab. Bald kursierte ein Meme, es zeigt einen Jungen vor seinem PC, der Schriftzug darüber „Profilbild geändert! Terror besiegt!“ zieht die Geste der community ins Lächerliche.

Seit digitale Kommunikation uns alle näher zusammenrücken lässt (Marshall McLuhan sprach ja von der Welt als „globalem Dorf“), erfasst uns ein Ereignis rasch emotional. Ich bin digital vor Ort. Ich bin dabei. Ich bin Franzose. In dieser Identifizierung drückt sich nicht nur Solidarität in der Trauerarbeit aus, sondern zugleich auch der Umstand, dass Terror jede und jeden treffen kann. Unvorbereitet, unvermeidbar, in einer Konzerthalle, in einem Fußballstadion, in Lokalen, überall. Am Freitag Paris. Wann und wo geschieht es ein nächstes Mal? Am vergangenen Freitag geschah es auch in Beirut. Und die Kritik im Netz dazu, warum wir das Unfassbare unserer Betroffenheit nicht in Ritualen des Zeichensetzens für den Libanon ausdrücken, indem wir unsere facebook-Profilbilder mit der libanesischen Flagge verschleiern oder Symbolzeichnungen zu Frieden im Libanon teilen, ist berechtigt. Dieses Phänomen ist der Spiegel dessen, was diese Welt – uns in jedem Fall so nah, denn was sind diese Distanzen (Luftlinie Wien-Paris 1.000km, Luftlinie Wien-Beirut 2.200km) wirklich? – trennt. Warum bietet facebook nur das Tool an, die Trikolore zu überblenden? Als börsenotiertes Unternehmen mit Sitz in Amerika fokussiert es Werte der westlichen Welt. Also Paris, nicht Beirut.

Im Netz ruht allerdings dennoch die Kraft, dies zu ändern. Ich erkenne in den Usern der sozialen Plattformen sehr wohl das Potenzial, durch ihre Solidarisierungsbewegungen Meinung zu machen. Was sich schon an banalen Ereignissen beweisen hat lassen (der Klassiker: Einladungen zu Geburtstagsfeiern gehen nicht nur an den Freundeskreis, sondern werden öffentlich und Hunderte kommen), nämlich das Umsetzen aus dem virtuellen in den realen Raum, beinhaltet für unsere Gegenwart die hervorragende Chance, jener Minderheit, die nur mit Gewalt und Leiden politisch agieren kann, zu bedeuten, dass die Mehrheit einem demokratischen Grundverständnis folgt und eng zusammensteht. Wir brauchen heute eine politische Globalisierung durch große zivilgesellschaftliche Gesten.

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