Johannes von Matuschkas Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ am Landestheater Linz braucht keinen Wald, nur ein paar überdimensionale Laubsägearbeiten als Bäume. Ein paar davon bewegt das Ensemble, es genügt für die Illusion. Denn hier spielen vier Frauen und sieben Männer Theater mit der Kraft all seiner Zeichen, aber eben vorrangig jener, die dem Schauspiel eigen sind. Kleine Gesten bedeuten Großes. Ein Blick, eine Kopfwendung reflektiert eine ganze Geschichte. Die große Geste lenkt den Blick auf das Detail.
Ja, von der Ausstattung her erscheint dieser „Sommernachtstraum“ karg. Die Wirklichkeiten – immer zueinander durchlässig – in den Szenen entfachen die Opulenz von Shakespeares Märchen in den Köpfen des Publikums. Bewegung unterstützt dies, Oberon, Titania und Puck sind auf Rollschuhen unterwegs. In ihrem Liebesrausch sprechen die Figuren eine Sprache, in der die Silben in unzähligen Metamorphosen von Intonation erklingen, in der sich Vokale dehnen und Konsonanten verschieben. In den Theaterkritiken suchten die Rezensenten nach sprachwissenschaftlicher Verortung, sie hörten Jiddisches, Russisches … rational motivierte Erklärungssehnsucht? Sinnlos und unnötig: Denn in diesem „Sommernachtstraum“ zeigt die Sprache, wie eine Figur den unsichtbaren Vorhang in die Traumwelt der Liebe durchschreitet, nicht ausgelöst von einer Blume, sondern von einer Taschenlampe mit Nebel-Spender. Das Requisit selbst hat und braucht keine Ästhetik, die erblüht erst, wenn die beiden durch Isolierband verbundenen Geräte zur Anwendung gebracht werden.

„Ein Sommernachtstraum“: Thomas Bammer (Zettel) und Katharina Hofmann (Titania) – Foto: Patrick Pfeiffer/Landestheater Linz
Auf einem Soundteppich von Tamer Fahri Ozgönenc entfalten sich die Szenen somit wie Musik. Gesten wirken plötzlich wie betonte Noten: Zettels Tod als Pyramus, so wie er den Arm wieder und wieder graziös über seinen Kopf führt! Squenz, der eine so schön getragene Pause spielt, bevor er mit zwölf Schlägen auf den Triangel die in die Komik gekippte Tragödie der Handwerkertruppe beendet! Wenn Puck sein Spiel mit den Liebespaaren übertreibt (er spricht da deren Texte synchron, während die beiden Paare quasi mit abgeschaltetem Ton streiten), wird Theater zur großen Show. Licht, Nebel, Sound, Beat. Die Szene pulsiert, sie rockt. Sie sucht sich eine Schnittstelle zu einem jugendlichen Anteil im Publikum, den ich in der von mir besuchten Vorstellung (25.9.2015) nicht finden kann. Als Spätvierziger drücke ich an diesem Abend den Altersschnitt gewaltig. Was sonst, wenn nicht Theater in dieser Form, kann einer Generation von 15- bis 25-Jährigen (ohne ältere ausschließen zu wollen!) heute einen literarischen Kanon erschließen? So pur, so klar, und darin einfach grandios! Geht hin!