Charlotte Campbell ist Musikerin in London. Zu dieser ihrer Rolle gehört, auch auf der Straße zu spielen. Da steht sie an der Southbank, hat ihr Equipment aufgebaut, Verstärker, Mikrofon, den offenen Gitarrenkoffer mit ihren CDs und dem vielen Platz für Münzen und vielleicht auch einmal einen Geldschein, Straßenmusik wird demokratisch bezahlt. Und dann gibt es noch dieses entzückende Schild mit den Logos all jener verschiedenen „social media“-Plattformen, auf denen Charlotte präsent ist, alles handgemalt und gerade darum so charmant wie sie selbst, die mit ihrer glockenhellen Sangesstimme zur Gitarrenbegleitung mal eine Eigenkomposition, dann wieder eine Coverversion präsentiert. Zwischendurch moderiert sich die Sängerin selbst und gibt sich dabei in Worten wiederholt quasi ihre eigene Signation: „My name is Charlotte Campbell, Charlotte like the princess, Campbell like the soup.“
Das Musikbusiness hat sich im Internetzeitalter schwer verändert. Der Markt erhielt zuerst Konkurrenz und in jedem Fall Druck aus der permanenten virtuellen Verfügbarkeit von Musik aus dem Netz. Der primäre Markt, gemessen in Verkaufserlösen von physisch realen Tonträgern, brach (wohlgemerkt nicht in allen Genres) weg. Wenn allerdings Musiker wie beispielsweise Charlotte Campbell nicht nur ihr Instrument famos bespielen, sondern auch die Klaviatur von „social media“ perfekt zu bedienen wissen, erschließt sich eine Rezipientenschar neu – und anders. Das Leben und Wirken eines Musikers rückt via facebook, twitter, YouTube, Spotify, Instagram näher und es wird auch interaktiv.
London ist natürlich ein vorzüglicher Platz für Straßenmusiker, Talente-Scouts sind in der Szene unterwegs (vgl. dazu einen Beitrag in den BBC News am 11.8.2015). Von der Straße weg in eine Karriere starten, wer möchte das nicht? Passenger (eig. Mike Rosenberg) wird da immer wieder genannt, zuletzt schaffte es Benjamine Clementine. Zuvor braucht es Bekanntheit. Wie bringt man es zu „fame“? Wer auf der Straße in einer Metropole mit Touristenmassen Musik macht, weiß, dass sie oder er zigfach fotografiert wird. Charlotte lädt auf ihrer Homepage ein, ihr Fotos ihres „buskings“ zu schicken, via Upload auf facebook oder e-mail. Ihre Antwort kommt binnen weniger Tage. Für mein hier publiziertes Foto erbat sie die Erlaubnis zur Veröffentlichung auf ihrer Homepage, natürlich habe ich diese erteilt. So ist er zwischen uns gespannt, ein Faden im sozialen Netzwerk, einer unter tausenden von einer Musikerin zu ihrem nicht mehr anonymen, sondern personifizierten Publikum.