Politik

Dieses starke Ja führt zu…

Das Ergebnis der tschechischen Parlamentswahlen von vor einer Woche wirkt in seiner geopolitischen Einordnung ernüchternd. Wiederum greift hier einer nach der Macht, „ein Oligarch“, wie der auf der Straße befragte Demonstrant auf Frage der ORF-Korrespondentin geradeheraus sagt, einer, „der seine Interessen vertritt.“ Man weiß nach einer Wahl nie, ob wirklich wissend und erkennend ein nun deutlich bestimmender Teil des Volks diese Interessen gewählt hat. Oder ging es nur um Abbau von Frust auf ein etabliertes System, um Entlastung von Leidensdruck wie etwa einer hohen Inflation, um begüternde Versprechungen? Da braucht man ja nur kurz über den großen Teich blicken, seit Jänner 2025 läuft dort ein Lehrstück, wie es nach einer so gewonnenen Wahl weitergeht. Die Masse lernt daraus nichts.

Multimillionär Andrej Babiš, schon von 2017 bis 2021 Ministerpräsident mit viel Korruptionsgeruch, gewann mit ANO, seiner Partei, deren Abkürzung als Wort gelesen im Tschechischen „Ja“ bedeutet bzw. für „akce nespokojených občanů“ („Aktion unzufriedener Bürger“) steht, mit 35 Prozent klar und braucht nun zwei Parteien für eine Mehrheit. Es sah anfänglich nicht und sieht nun doch nach Koalition aus, Babiš benötigt für seine Macht zwei Steigbügelhalter, gemeint sind hier die Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ (Svoboda a přimá democracie, SPD) von Tomio Okamuro und eine neue Autofahrerpartei namens Motoristen.

Der gemeinsame Nenner der drei liegt in ihrer Gegnerschaft zur Europäischen Union, womit nicht nur die Perspektive eines Ausscherens Tschechiens (auch NATO-Mitglied) aus der Unterstützung für die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen Russland Realität werden wird, sondern auch ein Schulterschluss zur benachbarten Slowakei unter Robert Fico und natürlich Ungarn unter Viktor Orban.

Wenn man sich dies auf der mitteleuropäischen Landkarte ansieht, entsteht somit eine Art Gürtel widerständischer offensichtlich (Ungarn), dorthin tendierend (Slowakei) oder indirekt (Tschechien) russlandfreundlicher Mitgliedsstaaten innerhalb der Europäischen Union. Das lässt die Destabilisierung in der Union natürlich zunehmen, und das in Zeiten, in denen die Union besser zusammenwachsen und -wirken lernen sollten, in so vielen politischen Themenfeldern in einem kalten Herbst 2025 und einem längst laufenden Hybrid-Krieg.

Jüngste Meinungsforschungen sagten bei einem Wahlgang jetzt in Österreich einer Partei 36 Prozent Zustimmung voraus. Erfahrene politische Kommentatoren verschwiegen nicht das Liebäugeln dieser Bewegung mit den Visegrád-Staaten und deren Haltung. Ich hob für mich den 12. Februar dieses Jahres in den Status eines Feiertags der Befreiung für Österreich. Wovon genau? Das mag nachforschen, wer will, bzw. wissen, wer sich erinnert. Den Weg, den Österreich am 12. Februar 2025 genommen hat, hat das Land vor Phänomenen unseres nördlichen und der beiden östlichen Nachbarn beschützt. Vorerst. Dies ist nicht auf ewig gesichert. Dazu müssen wir zügig durch einen gesellschaftlichen Wandel gehen, der uns bei einem starken Nein bleiben lässt.

Foto: Pexels/Free Photo Library (Karlsbrücke in Prag)

Hinterlasse einen Kommentar