Ökologie

Vom Schwimmen in Flüssen

Man steigt nicht zweimal in den gleichen Fluss, schon gar nicht, wenn sich politische und Funktionärsprominenz anschickt, die Unbedenklichkeit des Schwimmens in der Seine zu beweisen. Vor zwei Wochen sprang die französische Sportministerin Amelie Oudéa-Castéra demonstrativ vor Augen und Kameras der Presse und geschützt durch einen Langarm- wie -bein-Neoprenanzug in die Seine, dabei begleitet vom französischen Para-Triathleten Alexis Hanquinquant.

Auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo tat es vier Tage später, selbst IOC- Präsident Thomas Bach hat sich für den Selbsttest angesagt und Emmanuel Macron wollte zur Eröffnung der Olympischen Spiele die Unbedenklichkeit des Wassers durch Selbstaussetzung in diesem Nass unter Beweis stellen.

Niemand berichtet uns allerdings, wie sich das Show-Element in unserer Medienwelt am Tag eins, drei, fünf oder sieben danach ausnimmt, auf Haut, am und im Körper der Bezeugenden, dass die Seine sauber genug sei, um für die Wettkämpfe in Triathlon und Open-Water-Schwimmen den Schauplatz abzugeben. Dabei sei dahingestellt, ob fließendes Gewässer wirklich das ist, was durchtrainierte Athletinnen und Athleten als Element ihres Kräftemessens nutzen wollen. Dem zur Leistungsspitze hochtrainierten Modellathletkörper ist zudem eine andere Empfindlichkeit eigen als dem, der sich da halt mal für ein paar Minuten ins Wasser wirft und danach unmittelbar gründlich reinigen kann.

Die Idee, die Seine zu nutzen, kommt nur der Inszenierung entgegen, dem Event, nicht dem Sport, die Gesundheitsrisiken bleiben. Das weiß man in der französischen Hauptstadt Paris schon lange und die Bemühungen, das Seine-Wasser beschwimmbar zu machen, reichen lange zurück. Zuletzt ging um, ob man dem Triathlon seine erste Disziplin (Schwimmen) darum nicht eher streichen sollte. Auch in Tokyo war das Schwimmen (im Meer) im Zentrum nicht ein Bad in glasklarer und halbwegs kühler Flut, wie überhaupt der Triathlonbewerb dort durch wenig Reiz des Schauplatzes aufwarten konnte, flache Strecke fürs Radfahren, ebenso fürs Laufen, olympische Disziplin zwar, aber keine Herausforderung aus der Topographie. Die wird man in den Großstädten auch niemals finden können. Die schönen Triathlonplätze sind anderswo.

In Flüssen zu schwimmen ist auch hierorts, wo ich lebe, in der community von uns Freiwasser-Schwimmerinnen und Schwimmern immer wieder ein Thema. Wir hätten landschaftlich reizvolle Möglichkeiten, die auch von der Wasserqualität her Ansprüchen genügen – und jetzt kommt es: könnten. Vor einigen Jahren wollten wir als Gruppe eine kleine Schwimmtour in einem Fluss unterfangen, noch dazu in gestautem Bereich mit natürlich notwendigem Sicherheitsabstand zum Kraftwerk weit unterhalb. Unser Organisator machte sich schlau und sagte ab.

Vor einem Jahr erkundigte ich mich dann am gleichen fließenden Gewässer, das da einige Kilometer oberhalb einen stehenden Seitenarm hat, und der würde ja doch sehr zum Schwimmen einladen. Negativ. Es sind die Pestizide, die in der Landwirtschaft rundherum eingesetzt werden, die durch Regenfälle ausgewaschen werden und im Flusswasser landen, gesundheitlich auf keinen Fall verträglich. Auch eine Antibiotika-Anreicherung aus Massentierhaltung soll sich, wie Berichte über untersuchte Wasserproben in den vergangenen zehn Jahren immer wieder aufzeigen, in den österreichischen Flüssen und ihrem Wasser in chemischen Analysen spiegeln.

Das ist zwar nicht das Problem, das die namhaften Flüsse der großen europäischen Hauptstädte haben, wie etwa die Seine, aber es zeigt auf, was wir den Ökosystemen unserer Flüsse und damit auch uns selbst (nicht allein was das Schwimmen betrifft, wohl gemerkt!) antun.

Foto: Pexels/Free Photo Library

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