Worin wir in Österreich wirklich gut sind, ist das Mitnaschen am Erfolg anderer. Als in der Reihenfolge der stets spannenden Oktobertage die Sparte Literatur ihren Nobelpreisträger-Namen bekam, blies sich die österreichische Brust gleich stolz auf: Jon Fosse, der Norweger, hat seinen Fuß auch ein wenig in Österreich, ein Zweitwohnsitz, in Hainburg an der Donau. Hainburgs Platz in der österreichischen Zeitgeschichte datiert in den achtziger Jahren, da sollten Bäume in der Au dort für ein Kraftwerk umgelegt werden, Protest und Aktivismus verhinderten dies.
In diesem Hainburg also entdeckt man plötzlich einen großen (Teilzeit-)Sohn, den man bisher nicht wahrzunehmen wusste; privat, wie es Herr Fosse dort hält, war und ist ihm das bestimmt auch nur recht so. Ein bisschen Rummel soll nun zu Ehren des Literaturnobelpreisträgers stattfinden, hieß es.
Ob das Fosse liegen wird, sei dahingestellt. Wenn er heute in einer Woche in Stockholm den Preis entgegennimmt, hält er sich von vielen Programmpunkten fern. Interviews seien ihm von der Schwedischen Akademie bereits erlassen worden, er habe genug gegeben.
Hierorts, in Österreich, ist es um den Autor und sein Werk nach bzw. trotz der Bekanntgabe der hohen Preiswürde seltsam still geworden. Nur die Buchhandlung meines Vertrauens in meiner Heimatstadt widmet ihm nach wie vor eine eigene Auslage (siehe Beitragsfoto, #notspons).
In diesem Bundesland Oberösterreich wird man ja selten müde, seine Selbstbestimmung als Kulturland zu betonen und zu verkaufen, hat aber allerdings in diesen Wochen und Tagen nur Augen und Ohren aufs Jahr 2024 mit zwei Mega-Events gerichtet, die den Jahreskalender (über)füllen werden: die Europäische Kulturhauptstadt Salzkammergut (als Region) und den Genius-loci-Komponisten Anton Bruckner, 200. Geburtstag des guten Herrn am 4. September des nächsten Jahres. In beide Unterfangen werde ich mein „nosing around“ lenken müssen, den Duftmarken beider entkommt hierzulande niemand.
Als „Kultur-Expo“ titulierten darum vor zehn Tagen die Kulturpolitiker des Lands und seiner Hauptstadt das, was unaufhaltsam näher rückt. Expo-nenzielle Weltoffenheit sucht man aber vergebens. Denn Fosse! Es geht hier ja um Jon Fosse: Eine Interpretation eines seiner Theaterstücke auf einer der heimischen professionellen Bühnen fiel bisher nicht auf, weil es eine solche nicht gab. Und seit Zuerkennung des Literaturnobelpreises 2023 vermisst man eine Absichtserklärung dazu. Wer recherchiert, findet sein Zwei-Personen-Stück „Winter“ mit einer(!) Aufführung im Zeitkulturzentrum Posthof in Linz (Oberösterreich) am 9. Februar 2011(!).
Eine einsame, längst verwischte Spur eines großen Autors, der als einer der meistgespielten Theaterautoren gilt. Überall, nur nicht hier. Zum Schämen!
Foto: Ehre für den Literaturnobelpreisträger 2023 in der Auslage einer Buchhandlung in Steyr #notspons – Apropos: Buchgeschenke zu Weihnachten kauft man am besten im regionalen Buchhandel!
