Sport

Bad(e)-Schluss!

In der ohnedies an Kapazitäten bescheidenen Landschaft von Linz (Oberösterreich), unter Dach zu schwimmen, nimmt nun die Pädagogische Hochschule der Diözese eine Anlage außer Betrieb, ihr Schwimmbad, vier Kurzbahnen. In freundlich zwölf pro Tag gemessenen Betriebsstunden (Tag und Abend) fehlen nun wiederum bis zu 84 Stunden Lern-, Ausbildungs-, Trainingsmöglichkeiten pro Woche.

Nun will niemand einer Einrichtung absprechen, sich von der immensen Kostenlast der Erhaltung eines Schwimmbads zu befreien, das in der Pädagogischen Hochschule war deutlich in die Jahre gekommen. Ich schaffte es Mitte Juli aus gleich darzustellender Sentimentalität bis vor die Garderobentüren, ich wollte eigentlich ein letztes Foto des Bads machen, der bildlich gestützten Erinnerung wegen. Denn in dieses Schwimmbad stapfte ich ein halbes gymnasiales Unterstufenleben lang vierzehntägig zur geblockten dritten Einheit Leibesübungen, so benannte man diesen Gegenstand damals. Wenn ich mich richtig entsinne, in der dritten und in der vierten Klasse, ganz sicher in der dritten, weil sich da eine Blödelei ins Gedächtnis eingebrannt hat: In den letzten Schwimmstunden vor Weihnachten 1979 wollten wir den Herrn „Fessa“ (mundartlich oberösterreichische Abkürzung von „Professor“) zu Zahmheit im Training überreden, an der Schwelle zu den achtziger Jahren. Denn wer wisse schon, was die von uns fordern? Schwimmen – nein, sicher nicht. Wir waren in dieser Zeit eher auf der Abbiegespur zu etwas, was man heute „e-sports“ nennt, wenngleich das Gaming Anfang der Achtziger nur dergestalt war, was wir halt selbst auf unseren Commodore-64- oder Sinclair-Rechnern programmieren konnten, in einem Wort gesagt: Tennis.

Wir stiegen also jede zweite Woche nach einem Vormittag im Gymnasium und einer dort noch absolvierten Mittagspause mit Stärkung (von zu Hause mitgebracht oder beim Schulwart gekauft) von der Spittelwiese (Akademisches Gymnasium) weg durch Stein- oder parallele Gassen zur Hopfengasse und die lange Kapuzinerstraße hinauf bis zur (damals hieß es da oben noch) Pädagogischen Akademie. Unser Turnlehrer, ein kleinwüchsiger Modellathlet (ein Oberkörper: Schulterlinie und der muskulöse Rücken bis zur Taille wie ein perfektes gleichseitiges Dreieck) mit klassischem Zweitfach Geographie, differenzierte seinen Unterricht an mir. Vor den an Kartenhaltern der Tafel aufgemachten Landkarten lobte er mein Wissen. Im Wasser hörte ich so manchen scharfen Kommandosatz, der heute mehr als unzulässig wäre, genauso wie der dazumals gepflegte Klassiker für uns pubertierende Burschen, wir wollen doch bitte an den Reckstangen im Turnsaal nicht herumhängen „wie nasse Tschick“ (Tschick = österr. für Zigaretten).

Im Schwimmbad der Pädagogischen Akademie taten wir uns auch insofern schwer, unsere ganze Aufmerksamkeit dem Schwimmen zuzuwenden, denn gehörten uns Jungs die Bahnen 1 und 2, so drehten wir unsere Augen und Köpfe, so oft es nur ging, zu den Bahnen 3 und 4, an denen die Mädchen unserer und der Parallelklassen in Bikinis und Badeanzügen aufmarschierten. Was freilich dem Lehrer sofort auffiel und was er mit einer deutlichen Steigerung der Frequenzen angesagter Übungen disziplinierte: Auch deswegen verließen wir spätnachmittags erschöpft das Bad. Zumindest in den finsteren Jahreszeiten hatten Eltern dann Abholservices per PKW für uns organisiert. Sie wollten verhindern, dass wir uns mit vielleicht etwas frottierten, aber noch gut feuchten Haaren unter Kappen und Hauben verkühlen.

Mit 31. Juli 2023 schließt das Schwimmbad der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz für immer. Hier verstärke ich gerne den Protest, den ich als Schulleiter zuletzt bei der Verleihung der Sportgütesiegel für Schulen (wir erhielten eines in Bronze) vom sehr geschätzten Fachinspektor für Bewegung und Sport gehört habe: Linz leistete sich nun zwar binnen kurzer Zeit zwei neue Fußballstadien. Fürs Schwimmen wird es immer enger. Es fehlt an Bahnen und Zeiten für notwendigen und vor allem auch gesunden Schwimmunterricht.

Ein Plan, im Linzer Süden ein Hallenbad zu errichten, wurde in der sonst so investitions- und baufreudigen Stadt aufgeschoben. Der architektonische Entwurf existiert bereits, geplante Kosten: 26 Millionen Euro. Fertigstellung Ende 2025, sicher 2026. Hieß es. Da der Bauplan aber Ende 2022 nicht eingereicht vorlag, wird sich die Eröffnung um mindestens zwei bis drei Jahre verzögern.

Foto: Außenansicht jenes Gebäudeteils, in dem die Pädagogische Hochschule der Diözese Linz nun den Betrieb ihres Schwimmbads schließt

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