Film

Gott hat keinen Nabel

Es war heute Samstag vor vierzehn Tagen. Wir schrieben zwar Frühlingsbeginn, doch der dichte Schneefall vor unseren Fenstern machte die Wahrnehmung einer Wirklichkeit außerhalb der eigenen vier Wände zu nichts anderem als weißem Rauschen, wie das einer Bildstörung.

Ich befand mich im verschnaufpausenlosen Übergang zwischen zwei intensiven Arbeitswochen, denn die zuvor ging mit einem Online-Seminar in die Verlängerung bis Samstag abends.

Das Hirn war danach voll, es suchte nach befreiendem Leerlauf, anderen Inhalten. Die Dokumentation auf arte zur Geschichte der Hygiene war freilich interessant, warf mich aber natürlich zurück in den Sog des alles dominierenden Themas unserer Gegenwart. Der Internetfund danach bot mir das, wonach ich mich sehnte, Unbeschwertheit, Intervention in den Alltag, ein Plädoyer für die Leichtigkeit des Seins, so etwa wie wenn eine ganze S-Bahn voller Pendler „Over the Rainbow“ singt.

Wochen zuvor erhielt ich von der Herzallerliebsten den wertvollen Tipp, mir den Film „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“, geschrieben und inszeniert von Kerstin Polte, anzusehen. Dieser, 2018 erschienen, also schon seit drei Jahren existent, war mir bisher entgangen. Doch der wie immer in Sachen außergewöhnliche Filmfunde verlässliche Sender One hatte ihn in der Fastenzeit ins Programm und auch in die Mediathek genommen. Der Film gilt als Tragikomödie, wohl weil die durchwegs heitere Handlung doch die Grenze des Lebens berührt, das Sterben. Charlotte (Corinna Harfouch), Mutter von Alex (Meret Becker), einer Fahrschullehrerin, und Oma von deren Tochter Jo, wünscht sich, mit der Familie einen Kurzurlaub zu unternehmen. Charlotte leidet an Demenz.

Das System Familie wird ordentlich durcheinandergewirbelt und das Vorzügliche, was die professionelle Rezipientenschar (zumindest jenen kritischen Stimmen folgend, die Wikipedia für diesen exzellenten Film bereit hält) mangels Bildung nicht (mehr) zu verstehen vermag, liegt in den vielschichtigen religiösen und mythologischen Motiven und Metaphern der Filmhandlung und der Charakterisierung aller Figuren, so schön für alle, die ihren Spaß am Lesen und Verstehen der Anspielungen haben, als dass man hier auch nur irgendetwas verraten dürfte oder wollte. Außer vielleicht als Teaser jene bedeutende Erkenntnis von Jo, die diesem blog-post, der am Karsamstagabend von Ostern 2021 erscheint, den Titel spendiert hat.

Worum geht es mir? Wir brauchen dringend Anregungen für Auferstehung von uns aus dem Trübsal-Blasen in und mit der Pandemie. Wir brauchen andere Geschichten, auf der (leider noch immer geschlossenen) Bühne, im Film, im Fernsehen, im Buch, ja, natürlich auch ganz die großen, die über Liebe, die übers Sterben. Erzählungen, die uns lachen, die uns weinen lassen, die uns zum Nachdenken anregen, Geschichten, mit denen wir die Zeit etwas ver-rückt machen.

Zu guter Letzt muss ich hier noch den Link zu einem Song des famosen Soundtracks von „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“ unterbringen.

Foto: Abendliche Impression im beginnenden Frühling am Weikerlsee

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