Wir müssen nun alle sehr tapfer sein. Denn immer noch dauert es acht Wochen bis zum vorzeitigen Wahlgang zum österreichischen Nationalrat. Vorzeitig bezieht sich übrigens ausschließlich darauf, dass die vor zehn Jahren auf fünf Jahre ausgedehnte Legislaturperiode – Argument: man wolle länger (!) für das Land arbeiten können – doch beim zuvor gegebenen Maß von vier geblieben ist. Eigentlich minus weitere siebeneinhalb Monate, zweieinhalb für die Regierungsbildung damals im Herbst 2013, fünf für die Zeit seit der Ansage im Mai, dass die Regierung so nicht mehr miteinander könne oder wolle. Oder beides. Die Briten wickeln so eine Situation, Auflösung bis Neuwahl, in knackigen sieben Wochen ab. In Österreich dauert das. Das macht’s keineswegs besser.

Im Flirren heißer Sommerluft nehmen wir einstweilen nicht mehr aus als „Zusammen“ oder „Österreich zuerst“ oder „Ich hol mir, was mir zusteht“ …
In diesen Sommerwochen hat man durchwegs den Eindruck, zwischen den politischen Parteien geht es zu wie im Profi-Fußball, nur ohne gigantomanische Transfersummen. Es geht auch nicht um Neymar jr. oder Lukaku, sondern um die zur Zeit noch als Nationalratsabgeordneten Dienenden. Die Frequenz der „Klub“-Wechsel ist auffallend hoch. Glücklose sichern sich auf beständigeren Listen Plätze. Gekränkte, denen Listenplätze mit Sicherheit eines Einzugs ins Parlament verwehrt geblieben sind, mühen sich mit Neugründungen von Bewegungen, Plattformen, Initiativen (das Wort „Partei“ ist anscheinend ganz pfui geworden) um den Klassenerhalt ihres Status.
Dabei bleibt in der Öffentlichkeit die „Spielposition“ des Parlamentariers strategisch so schlecht definiert, auch von den Zugangsvoraussetzungen, die man mitzubringen hat, dass uns nicht mehr wundert, welche Prominenz – unerfahren in der politischen Arbeit und in den zu achtenden Grundlagen, nämlich der österreichischen Gesetzgebung – auf sicherer Stelle zu wählen aufgeboten wird. Jeder dieser Quereinsteiger bedient freilich eine Teilöffentlichkeit und sehr viele solcher Teilöffentlichkeiten machen im Optimalfall auch eine Menge von Wählerstimmen. Doch wofür wer einsteht, welche Ziele verfolgt werden, umweht uns Wähler in diesem Sommer wie ein Hauch heißer Luft, in deren Flirren wir zur Zeit nicht mehr ausnehmen als ein „Zusammen“ oder ein „Österreich zuerst“ oder „Ich hol mir, was mir zusteht“ oder …
Eine glückende Zukunft für Österreich zeichnet sich, so hat es den Anschein, allein in einer bereits geklärten Personalsituation ab. Statt Inhalte bilden Personen das Programm. Darum ist es, als würde der Wahlgang zur Casting-Show. Am 15. Oktober findet somit das Voting für einen neuen Nationalrat statt.
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