Was möchtest du denn einmal werden? Diesmal kam die Frage nicht von neugieriger Verwandtschaft, nein, vom Vater selbst. Die zu diesem Zeitpunkt in etwa neunjährige Tochter antwortete (noch) nicht mit einem konkreten Berufsbild, sondern mit diesem Satz: „Ich möchte Rätsel lösen.“

Sie wird Kriminalkommissarin. Das mutmaßten wir Eltern. Das Kind aber setzte noch den Satz hinzu: „Ich möchte Menschen helfen.“ Beide Sätze zusammengenommen ergibt: Ärztin. Als Lösen von Rätseln versteht sich die Kunst der Diagnostik und natürlich auch die stete Forschung, die in der Medizin selbstverständlich sein muss: Weiterentwicklung, mit Neugierde, Fortbildung als Lebensprinzip, immer weiter lernen. Für uns Menschen arbeiten, uns helfen.

Nach der Matura war ihr Ansinnen stark, den Berufswunsch Ärztin in Wien zu erreichen. Wir als ihre Eltern waren beide mit dem Studienort nicht zwingend klargekommen, wenngleich es auch uns nach dem Schulabschluss dorthin gezogen hatte (weil dazumals alle nach Wien studieren gingen). Im Anlauf 2016 gab es im Aufnahmeverfahren für Wien keinen Platz für unsere Tochter, die Biologie für zwei Semester stärkte Grundlagen, auch anrechenbar fürs Medizinstudium ab Herbst 2017 an der jungen medizinischen Fakultät Linz, aus deren Aufnahmetest unsere Tochter Anfang August 2017 als Erstgereihte hervorging. Das Ergebnis erfuhr sie, da lief im Radio gerade „Eini ins Leben“ von Pizzera & Jaus, ein Songtitel von nun an mit individuellem Botschaftscharakter, zuerst auch ein wenig in Sachen Örtlichkeit des beginnenden Studiums (Paul Pizzera ist Steirer).

Denn mangels vorklinischer Ausbildungskapazitäten in Linz (erst im Aufbau) ging der Jahrgang mit Starttermin Herbst 2017 komplett für zwei Jahre nach Graz. Dort kutschierte die Mutter einen second hand gekauften „Knochenmann“ (ein Skelett zum Erlernen der Knochen, legendäre erste Prüfung) am Beifahrersitz durchs Stadtgebiet oder besuchte auch gemeinsam mit der Großmutter die Studentin in einem Advent, als sich Medizinstudierende noch an Instrumenten und mit Chorgesang ihrer Verwandtschaft präsentierten. Dazu sollte bald durch immense Auslastung im Studium keine Zeit mehr bleiben.

Zum Ende von zwei Sommersemestern fuhr der Vater jedes Mal nach Graz, um das Kind samt Sack und Pack heimzuholen, beim zweiten Mal inklusive des eigens für Graz ebenso second hand angeschafften Fahrrads, im ohnedies schon rappelvollen Kombi. „Papa, du wirst ein zweites Mal fahren und das Fahrrad abholen müssen.“ Ich habe es zerlegt, Vorderrad ausgebaut, und den Rahmen flach über der Ladung unters Fahrzeugdach noch in unseren Kombi geschoben.

In Linz begann dann die klinische Ausbildung, nach einem Semester unter Pandemierahmenbedingungen. Die Tochter saß nebenbei an der Gesundheitshotline und beriet besorgte Anrufende. Sie arbeitete als chirurgisch-medizinische Assistentin bei unzähligen Operationen, vertrat studentische Interessen in Kommissionen, die neue Lehrende bestellte, war im Paul-Ehrlich-Contest 2022 in Innsbruck für Linz am Start, ein Jahr später dann als Tutorin Coach des Teams beim Contest an der Charité in Berlin. Und ging Prüfung für Prüfung, Famulatur für Famulatur in Richtung ihres Ziels, das sie Mitte Juli 2023 nach einem intensiven klinisch-praktischen Jahr mit ihrer allerletzten Prüfung erreicht hat: Frau Dr. med. univ.!

Wir, deine Eltern, sind sooo stolz auf dich und freuen uns riesig. Morgen, Mila, beginnt deine Zeit als Basisärztin am Kepler Klinikum Linz (Oberösterreich). Für deinen Start das Allerbeste! „Eini“ ins Ärztin-Leben!!

Fotos: Medizinische Fakultät der Johannes-Kepler-Universität am Kepler Klinikum (header); Dr. med. univ. Mila D. Rathenböck am Tag der letzten Prüfung und zwar unmittelbar danach!