Der italienische Regisseur Paolo Virzi ist mit seinem Filmdebüt auf amerikanischem Boden mit seinem Publikum unbarmherzig und inszeniert ein Ende seines Films „Das Leuchten der Erinnerung“, das einen weit darüber hinaus beschäftigen muss. Zuvor war da die Lockerheit eines Road-Movies, die Komik, dass alte Eltern mit einem Oldtimer von einem Wohnmobil namens „The Leisure Seeker“ (so auch der Originaltitel des Films) ausbüxen, zum Entsetzen der eigenen, natürlich bereits erwachsenen Kinder in ihren Mittvierzigern oder später. Die Fahrt auf den Highways von Boston in den Süden, einer Sehnsucht fast tschechowschen Ausmaßes folgend, nach Key West, um dort das Hemingway-Haus zu sehen, bringt die Erinnerungen vielfältig zum Leuchten: Ganz plakativ dann, wenn die schwer krebskranke Ella ihrem lieben dementen Mann John mit einem Diaprojektor auf Campingplätzen auf Decken Fotos aus dem früheren Familienleben projiziert und daran arbeitet, dass er sich an Namen erinnert, beispielsweise den seiner eigenen Tochter.
Virzi versteht es, genügend komische Elemente rund um diese Paargeschichte am späten Abend ihres Lebens zu inszenieren. Mit Helen Mirren und Donald Sutherland geben zwei der ganz Großen der Filmbranche dem Paar Gestalt und Emotion. Besonders stark gelingen all jene intimen Momente, die im Wohnmobil spielen. „Es ist so schön, wenn du wieder ganz da bist“, freut sich Ella, spricht den Satz und Johns klare Augen bleiben bei ihr, während sein Geist sich wieder in die Dämmerung seiner Demenz zurückzieht.
Virzi wirft seine Filmgeschichte nicht in die Schublade, die außen damit beschriftet ist, dass das Beste am Schluss kommen soll, sondern er fragt geradezu banal und darin kräftig ins Publikum wirkend, wie dieser Schluss daherkommt. Was bedeutet Würde im Leben? Welche Werte (Erinnerungen) haben für jede und jeden Geltung? Und leuchten sie? Ja, auch ewig auf einem Weg, der uns allen irgendwann bevorsteht: „Das Leuchten der Erinnerung“ macht Kino anno 2018 zum Memento mori. Sehr sehenswert und preisverdächtig!
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