Politik

Wie wählen? Eine kleine Typologie

Morgen also findet endlich die österreichische Nationalratswahl 2017 statt. Deren langwierige Umstände fordern heraus, vor dem Urnengang der wahlberechtigten Bevölkerung einen Blick auf Wahlverhaltenstypen zu werfen.

Wie (ACHTUNG! Die Frage lautet gezielt nicht „Was?“) wird gewählt?

  1. Traditionales Wählen: man wählt, was man immer schon gewählt hat, weil es in der eigenen Familie seit Generationen so Usus ist. Alternativen sind ausgeschlossen, es braucht da weder Programme noch Wahlwerbung. Die Entscheidung ist gegeben, der Wahlgang selbst Routine.
  2. Ideologisches Wählen: dieses ist Punkt 1) sehr nahe, es wird getragen von einer irrational gefestigten Überzeugung, dass ohnedies nur die eine wahlwerbende Gruppierung wählbar sei, auf Grund ihrer Positionierung (und zugleich sehr frei davon, ob sich diese in jüngster Zeit vielleicht verändert hat). Alternativen sind ausgeschlossen, das Programm ist egal. Die Wahlwerbung wird zum Wasser, das die Mühle der eigenen Überzeugung gut in Schwung hält. Die Entscheidung ist gegeben, der Wahlgang selbst Routine.
  3. An der Zukunft des Landes ausgerichtetes Wählen: meine Stimme ist Teil einer nicht näher quantitativ und qualitativ bestimmbaren Masse, die versucht, die Entwicklung in verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen Österreichs (als Mitglied der EU und Teil Europas) zu antizipieren. Alternativen zu bisherigem Wahlverhalten sind möglich, die Programme werden eingehend geprüft. Die Wahlwerbung erscheint als eine vernachlässigbare, vielleicht sogar lästige Größe. Die Entscheidung fällt schwer, der Wahlgang ebenso.
  4. Strategisches Wählen: die Stimmabgabe ist Teil einer Wirklichkeitskonstruktion, die kausale Bedingungen erzeugt und Absichten verfolgt, das Mandats- und Machtverhältnis im Nationalrat durch eine Stimme allein mitzugestalten. Alternativen zu bisherigen Wahlverhalten sind nahezu zwingend, Programme werden nur teilweise beachtet, die Wahlwerbung nimmt Einfluss. Die Entscheidung hinterlässt in jedem Fall nach dem Wahlgang Bauchschmerzen.
  5. Sanktionierendes Wählen, in extremer Form auch Protestwählen: Phänomene aus den Tagen vor der Wahl, insbesondere durch enthusiasmierte Medien in den Wahrnehmungshorizont gespült und dort präsent gehalten, führen zu Entscheidungen nach dem Motiv, es den Mächtigen mit dem wertvollsten Mittel der Demokratie, der Wahl, einfach einmal zeigen zu wollen. Programme der wahlwerbenden Parteien sind egal, die Wahlwerbung nicht, zumeist löste sie dieses Wahlverhalten ja erst aus. Die Entscheidung fällt rasch und aus dem Bauch heraus. Die Stimmabgabe stimuliert das gute Gefühl von Macht, ein kleiner Rausch also, der Kater danach kann schlimm ausfallen.
  6. Weiß wählen: das ist schlicht dumm und eine Missachtung des demokratischen Grundrechts, wählen zu können und zu dürfen.
  7. Nicht wählen: siehe Punkt 6).

In diesem Sinn: Alles Gute für dich, Österreich!

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