Anderswo sind Eisflächen an zentralen Lokalitäten einer Stadt schon Selbstverständlichkeiten. In Steyr (Oberösterreich) hat der regionale „Curling Club“ erstmals vor dem alten Sparkassengebäude am mittelalterlichen Stadtplatz 400 Quadratmeter Kunsteis aufgebracht. Keine leichte Übung! Denn der Platz an sich ist alles andere als eben oder waagrecht. Die tragende Konstruktion gleicht aus. So spielen in diesen Tagen europäische Teams ein Turnier in einer Sportart, die man nicht zwingend als bekannt oder massentauglich in Österreich einschätzen muss. Laut Wikipedia gelten Kanada, Schottland, Skandinavien und die Schweiz als „hotspots“ dieser eleganteren Version des Stockschießens. (Hier schreien Curling-Experten und –Enthusiasten gewiss bereits auf und richten ihre ersten Flüche gegen den Autor! Ich bekenne mich zum Laientum und darin auch zur Freiheit so mancher unpräziser, vielleicht sogar lästerlicher Worte, die gewiss noch folgen werden!).
Zwei vierköpfige Mannschaften treffen aufeinander und spielen acht Steine (aus Granit mit farbigen Griffen zur Unterscheidung der Teamzugehörigkeit). Es geht darum, einen Stein möglichst perfekt ins „tee“, das Zentrum des „house“, zu bringen. Verdrängendes Kicken anderer Steine macht den strategischen Reiz aus. Sind acht Steine gespielt, wird ausgewertet und man spricht dann von einem „end“. Eine Begegnung kann auf zehn oder aber auch nur auf acht „ends“ ausgerichtet sein.
Curling – es gibt Stimmen, die diesen Sport den langweiligsten überhaupt nennen! – betört beim Zuschauen durch dreierlei: erstens, die Eleganz des Spielers, wenn er dem Stein den Schwung mitgibt und dabei mit angezogenem Knie, das andere Bein gerade nach hinten durchgestreckt, seinem Spielzug nachgleitet. Zweitens, Besen, Besen, seid’s gewesen … der Stein bekommt auf seiner Fahrt Assistenzeinsatz durch zwei Spieler, die mit ihren Besen die Rutschbahn vorab wischen. Reibung erzeugt Wärme, das Eis gibt kurz einen Wasserfilm frei. Möge das die Richtung des Granits positiv beeinflussen! „Länge!“, schreit einer aus dem lokalen Quartett und meint damit, dass für die knapp vierzig Meter das gute Stück überhaupt zu wenig Schwung mitbekommen hat. An der Bande wird das von Zuschauern viel zu klug kommentiert. Ich möchte es nicht selbst probieren (müssen). Drittens: Körpersprachliches Taktieren. Im „house“ steht pro Team ein Spieler, sie heucheln stoische Ruhe, geben sich cool, lassen Schultern hängen, verziehen keine Miene. Als wäre Curling Poker! Es gilt allerdings als Schach auf dem Eis.
Steyr spielte gestern Samstag zu Mittag gegen das italienische Draghi-Team, das nur mit drei Spielern auf dem Eis stand, ein für mich (nochmals: Laie!) achtes „end“ zu einem Remis. Einer vom Steyrer Quartett sagte darauf mit leichtem Singen in der Stimme: „Finale!“. Dies findet heute Sonntag statt.
In Folge gehört die Eisfläche am Steyrer Stadtplatz zwei Wochen lang tagsüber den Eisläufern und abends den Stockschützen.
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