Meteorologie und Kulturszene setzen auf eine gemeinsame Zeitrechnung, beide definieren das Ende des Sommers mit dem 31. August. Insofern ist es Zeit, Bilanz zu ziehen, natürlich ganz exemplarisch und subjektiv: Ich reflektiere meine Erfahrungen mit der Sommerkulturszene und ihren Covid-Präventionskonzepten.
Denn so ein „normaler Sommer“, wie ihn uns der Bundeskanzler versprochen hatte, blieb die Ausgabe 2021 pandemisch betrachtet gar nicht. Regeln und Einschränkungen fielen weitgehend mit 1. Juli, das Coronavirus hat das gefreut. Nur umsichtige Veranstalter zeigten mit Prävention, wenn auch nicht behördlich verordnet, dass ihnen gesundheitliche Sicherheit ein Anliegen ist. Dahingehend präzises Arbeiten ist ja wohl auch als Garant zu werten, Kunst- und Kulturgeschehen selbst in einem Herbst und Winter mit hohen Infektionszahlen aufrechterhalten zu können und zu wollen.
Ich möchte niemanden behelligen, darum anonymisiere ich die Schauplätze meiner Sommerkultur-Reise durch Oberösterreich. Ich beginne in F. Mitte Juli. Da wurde der Gebrauch von Mund-Nasen-Schutz während der Veranstaltung empfohlen und das Exempel wie auch in Salzburg bei den Festspielen statuiert, dass eine Empfehlung dem Publikum herzlich egal ist. Diejenigen, die unter hunderten auf der Tribüne trugen, ließen sich locker an zwei Händen abzählen. Salzburg erlebte tags darauf „den Fall“ bei der Jedermann-Premiere und stieg auf FFP2-Maskenpflicht um.
In S. entschied man sich, die 3G-Kontrolle jeder Besucherin und jedem Besucher mittels Band ans Handgelenk zu markieren. Die Veranstaltung fand unter freiem Himmel bei Tisch mit maximal vier Personen statt. Abstand von jeder zu jedem und zu benachbarten Tischen: wirklich vorbildlich. Großer Wohlfühlfaktor!
In H. erklärte ein junger Mann an der 3G-Kontrollstelle, er sei zweimal geimpft, führe aber keinen Nachweis mit sich – und fand damit Einlass. Schön für ihn und für jede und jeden, der überzeugend auftreten kann, ohne Papier oder digitalen Beleg bereit zu halten. Das führt nur das System an sich ad absurdum. Dass wir dort in einer der sehr eng gestellten Reihen bei einer Freiluftveranstaltung just neben zwei Leuten zu sitzen kamen, deren durchgehendes Husten, Niesen, Schnäuzen und Schnaufen eindeutig bewies, dass sie nicht gesund waren (es muss nicht Corona gewesen sein), belegt, dass der Appell zur Eigenverantwortung in Schall (von Husten- und Atemgeräuschen) und Rauch (Aerosolen) aufgeht, man möge erkrankt nicht eine Veranstaltung besuchen. Trotz erhöhter Sensibilisierung durch die Pandemie tun die Leute im Zeitalter ihres Egoismus das trotzdem.
In T. wiederum führte der 3G-Check zu einer Quittung mit einem kleinen Kupon, wie ein Zettelchen für die Garderobe. Damit sollten Aus- und wieder Eintritt in die Veranstaltungsstätte gesichert sein. Das kontrollierte zwar in der Pause niemand, dafür fielen die Türen des Veranstaltungshauses so ins Schloss, dass sie nicht mehr geöffnet werden konnten. Die Veranstaltung selbst fand bei Schönwetter in einem Park statt. Genug frische Luft ließ vergessen, dass die neue Nähe zueinander eigentlich wieder sehr gewöhnungsbedürftig ist.
Last but not least entschieden sich die Verantwortlichen in G. Mitte August angesichts steigender Infektionszahlen, die FFP2-Maskenpflicht auch während ihrer Veranstaltungen einzuführen (Muster Salzburger Festspiele). Dies wurde am Veranstaltungsort unmissverständlich über große Plakate kommuniziert. Das Publikum ist aber großteils des Lesens nicht fähig und erwartete darum zu einem Gutteil mit unbedeckten Mündern und Nasen im Saal das Programm. Eine überaus höflich formulierte Ansage forderte das Gebot ein. Resultat: Selbst dann meinten einige, es sei nicht ihre Pflicht, sondern nur die der anderen. „Wieso? Sind ja eh alle geimpft hier herinnen“, rumorte es um uns im Missverständnis, es gelte ein 1G. Selbst das schließt ja nicht aus, dass jemand die Infektion trägt und weitergibt. Mit der von manchen widerwillig gelebten Maskenpflicht kehren übrigens auch freiliegende Nasen über bedeckten Mündern zurück. Dabei handelt es sich wohl um eine Spezies Mensch, deren Nase atemtechnisch dysfunktional ist und die somit Aerosol ausschließlich über den Mund ausstößt.
Fazit: Das mit Eigenverantwortung im Sinn eines Verständnisses, ich trage Schutz, um mein Umfeld zu schützen, müssen wir noch ordentlich üben. Auch in Sachen Selbstdisziplin ist reichlich Luft nach oben. Somit werden wir noch einiges an Zeit in und mit der Pandemie verbringen.
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