Anton Thuswaldner, langjähriger genauer Beobachter und Kommentator der Literaturszene, führt in seiner Analyse des Bachmann-Preises in den Salzburger Nachrichten (4. Juli 2018, Seite 9) eine Argumentation, die ich so nicht stehen lassen kann. Mir missfällt sein Hochmut, mit dem er über Autorinnen und Autoren urteilt, die in Klagenfurt zu Preisehren gekommen sind. Er zweifelt am Bestand ihrer literarischen Werke, „so sehen nicht Arbeiten aus, denen man längere Haltbarkeit zutrauen möchte“. Als Bibliothekar einer schulischen Nahversorgung mit Literatur diskutierte ich in der vergangenen Woche mit meinen beiden Kolleginnen in dieser Aufgabe, inwiefern sich Thomas Bernhard (wir haben sein gesamtes Werk!) wohl in einen literarischen Kanon gefügt hätte. Wir äußerten uns dazu sehr skeptisch. An Bernhards „Haltbarkeit“ würde Anton Thuswaldner wohl nicht so offen zweifeln wollen, wie er es hier mit den Preisträgern 2015 und 2017 tut. Denen von 2014 und 2016 spricht er rückblickend ohnedies die Preiswürde ab. Natürlich argumentiert er zwischen den Zeilen mit der eigentlichen Mission des Bewerbs, der immer zur Jahresmitte in Klagenfurt zur Aufführung kommt, der Suche nach einer wegweisenden Neugestaltung von Handlung in Prosa. Doch blendet er aus, dass dieser Literatur-Zirkus, so wie er seine Zelte im Landesstudio Kärnten aufschlägt, davon lebt, dass Literatur einerseits „groß“ ins Schaufenster zur Welt, also ins Fernsehen kommt und dementsprechend schon immer die Selbstinszenierung mancher Autoren und erst recht der Juroren stärker war als so mancher Text, der dort vorgelesen wurde, ob aus einem Roman in Erscheinung oder extra für den Bewerb geschrieben. Es wird ja verlangt, dass Autoren mit einem unveröffentlichten Text antreten.
Die Besten sind anderswo. Jeder Rezipient von Literatur, ob Prosa, Drama, Lyrik, Sachliteratur, bestimmt diese für sich.
Die Auswahl jener, die im Mittjahreszirkus auftreten dürfen, erfolgt ja auf Grund von Nominierung durch Juroren, deren Motivation dazu vernebelt bleibt. Da und dort lichtet sich vielleicht ein Blick darauf und man erkennt gute freundschaftliche Bande zwischen Juror und Autor oder vielleicht sogar einen Verlag, der etwas angeschoben hat. Klagenfurt, dieses Synonym für die deutschsprachige Gegenwartsliteratur, ist ein Marketing-Hotspot für die Buchwirtschaft, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist gut, dass es ihn gibt, weil die Beckmesserei, die dabei vollzogen wird, bestens ins Eventformat passt. Nichts ist (als Show) spannender als jener Moment zu eigentlich friedfertigen Sonntagsmatineezeiten, wenn die Juroren Runde für Runde zu vergebenden Preisgelds in beharrlicher Pokermanier (knappe Begründungssätze, abgeschlossen mit verbissen durch die Zähne gejagtem Nachnamen) dem Schreibenden aus dem „eigenen Stall“ zu Ruhm und Einkommensaufbesserung verhelfen wollen.