Mobilität

Hauptsächlich stehen sie herum

Der E-Scooter-Boom hat unsere Städte erfasst. In Linz (Oberösterreich) zum Beispiel bemühen sich fünf verschiedene Verleihanbieter mit in Summe tausend Rollern um die Gunst jener, die sich strombetrieben schnell durch den Verkehr schlängeln wollen. Mittels App nimmt man den Roller seiner Wahl in Betrieb und bezahlt per Kreditkarte die Dienstleistung.

Seit 1. Juni gilt eine Novelle der Straßenverkehrsordnung, derzufolge E-Scooter im Straßenverkehr quasi dem Fahrrad gleichgesetzt sind. Das bezieht sich auch auf ihre Ausstattung (Vorder- und Rücklicht, Rückstrahler). Und das heißt auch: das Befahren von Gehsteigen ist verboten. Für Fußgänger brachen somit sicherere Zeiten an. Tests auf Reflexverhalten, umgesetzt in Sprüngen zur Seite für die eigene Sicherheit, sind somit Geschichte. Zumindest offiziell.

Im innerstädtischen Straßenverkehr erweiterte sich zugleich die Teilnehmerschar um den E-Scooter-Piloten (ich beobachtete bisher nur Männer!). Trotz einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h fiel mir in der 30er-Zone auf, dass ein E-Scooterist vor mir (ich fahre mit meinem Auto die Geschwindigkeitsbeschränkungen sehr exakt) in der Suche nach einem Weg zwischen den Autokolonnen gut Fahrt machte und sein Abstand zu mir sich vergrößerte. Es wird also spannend, wie sich die Anreicherung um die neuen Verkehrsteilnehmer im ohnehin schon stark strapazierten Linzer Straßenverkehr entwickeln wird.

Noch zeigt sich die Inszenierung von mehr elektrischer Mobilität am stärksten dort, wo die E-Scooter auf ihre Kundschaft warten, an Radständern. Hauptsächlich stehen die Geräte herum. Tausend für 205.726 Einwohner ergibt den stolzen Schnitt von einem Gerät auf 206 Einwohner. In der österreichischen Bundeshauptstadt Wien sind 6.000 strombetriebene Leihroller in den Einsatz gebracht worden. Das entspricht bei einer Bevölkerungsgröße von 1,897.491 einem Schnitt von 316 pro Gerät. Auch noch viel! Wenn man noch die räumlichen Gegebenheiten dazu einschätzt – das Linzer Zentrum erstreckt sich in einer schlanken und kurzen Nord-Süd-Achse, Wien hat als Zentrum (Innenstadt und Bezirke rund um den Ring) viel mehr Fläche zu bieten – erkennt man, dass die Anzahl bereitgestellter Fahrzeuge in Linz sehr deutlich über ein mögliches Nutzerverhalten hinausschießt. Die Nachfrage wird das Überangebot regulieren. Müssen.

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