Der ist erlaubt, in Österreich im vierten Lockdown. Doch ob der etwas taugt, zeigt sich dabei wie in einem schlechten Road-Movie, das man per pedes absolviert. Berufsbedingt tue ich das, was ich zum physischen Ausgleich nach einem langen Arbeitstag an Bewegung leisten darf, in der Linzer Innenstadt. Für den Umstand, dass Wege zur und von der Arbeit, Wege natürlich auch in Sachen aller Grundversorgungsaktivitäten, wenn Hilfe für andere zu leisten ist und eben für die physische und psychische Gesundheit erlaubt sind, treiben sich genug um. Es muss diese Hilfe für andere sein, wenn es beispielsweise vor Würstelständen (für blog-Konsumenten unserer westlichen Nachbarn: Imbissbuden) zugeht, als wäre es die ganz normale Ouvertüre-Zeit zum Advent. Man konsumiert, steht in Grüppchen zusammen, lacht, scherzt, grölt ein wenig herum, sehr körpernah und natürlich ohne Masken. An einer anderen Stelle der Innenstadt lese ich bei einem weiteren Anbieter, dass laut Verordnung im Umkreis von 50 Meter nicht konsumiert werden darf, was man beim Gastronom für den schnellen Happen und Durst erstehen kann.
Ansonsten sind im frühabendlichen Dunkel alle Geschäftslokale hell erleuchtet, darin auch hilfreiche Hände am Arbeiten. Das Prinzip „click & collect“ läuft sich warm und der Handel zittert sich durch einen Lockdown, der im Bundesland Oberösterreich bis mindestens sieben Tage vor Heiligabend dauern soll. Insofern verblüfft zum Zeitpunkt jetzt die Diskussion, ob der Handel dann den vierten Adventsonntag (19. Dezember) offen halten darf. Allein dass dies diskutiert wird, spiegelt die mangelnde Konzentrationsfähigkeit darauf, was nun eigentlich Thema ist: Kontaktreduktion, Unterbrechung von Infektionsketten. Wir sind noch lang nicht dort und bringen es nicht zustande, uns zu mäßigen und darauf einzulassen, was es jetzt(!) braucht. Insofern verblüfft mich weiter, wie jeden Tag mal hier, mal dort eine neue kleine Regelausdehnung gestattet wird, diese Branche darf nun auch das, jene dies.
Nur Bildung in Präsenz soll es bald nicht mehr geben. In den Universitäten ist das schon so. Wird das Bildungssystem vom Kindergartenkind bis zu unseren Studierenden wieder komplett stillgelegt, während sich alles andere im „Lockdown“ in Szene setzen kann?
Dass auf die Zukunft, die ganz kleinen Schultern bis zu jenen, die in der wissenschaftlichen Welt bald berufen sind, andere, neue, tauglichere Lösungskonzepte für gesellschaftliche Herausforderungen zu ersinnen, die Last der Pandemiebewältigung gelegt wird, ist obszön. Genauso übrigens, wie die Aussage des Linzer Bürgermeisters in einem Pressegespräch gestern Mittwoch, die 5- bis 12jährigen seien die „größte Spreadergruppe“ (Quelle: kurier.at, abgerufen am 25.11.2021, 19:15).
Spreader? Das verwendeten wir doch bisher für leichtfertig handelnde Infizierte, die sich sorglos in Menschenmassen (weiter)bewegten. Die Kinder haben sich das nicht ausgesucht, sondern sie tragen, wie von Wissenschaftlern langfristig prognostiziert, in ihren Infektionen und mit ihren jungen Gesundheiten die Versäumnisse der Erwachsenenwelt in der Pandemiebekämpfung aus. Das sollte auch ein Bürgermeister verstehen und sprachlich adäquat darstellen können.
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