Es ist Zeit für Applaus. Bestimmte Berufsgruppen verdienen diesen seit eh und je, sie erhalten ihn viel zu selten. In unserer Gegenwart stilisieren wir nun diese zu Heldinnen und Helden des Alltags, die Ärztinnen und Ärzte, das pflegende Personal, all jene, die die Grundversorgung aufrecht erhalten, von der Produktion bis zum Handel, die Müllabfuhr, die Menschen, die schauen, dass Wasser, Strom, Gas, Öl, Telefonie und Internet funktionieren, natürlich alle Blaulichtorganisationen. Sie alle werden nun zu Recht vor den Vorhang gebeten.
Mir fällt dabei der gesellschaftliche Dank an die Lehrerinnen und Lehrer zu gering aus.
Jetzt weiß ich natürlich, dass in so manchen Familien Mütter und Väter in mehrfachen Rollen gefragt und gefordert sind: im Haushalt, im Beruf, der zur Zeit in der home-office-Version praktiziert werden will, auch als „Lehrerin“/„Lehrer“, wenn es darum geht, den Kindern eine Tagesstruktur zu geben. Schulbesuch hat Facetten, die durch nichts zu kompensieren sind. Die Kinder treffen derzeit keine Freunde, sie erarbeiten nichts in sozialer Interaktion mit Gleichaltrigen. Sie begegnen nicht ihren Lehrerinnen und Lehrern, die sie im Unterrichtsalltag führen. Je jünger die Kinder, umso herausfordernder ist in Österreichs Familien der „lock down“- Alltag.
Ich spreche für eine andere Zielgruppe, Oberstufe, Sekundarstufe 2 in der Fachsprache. Wir an der Höheren Bundeslehranstalt (HBLA) für künstlerische Gestaltung in Linz (Oberösterreich) unterrichten Jugendliche im Alter von 14 bis 20. Meine Lehrerinnen und Lehrer haben binnen vier Tagen (von der Informationsvorstufe des Bundesministers am Dienstag, 10.3.2020, nachmittags) bis zum letzten Schultag in Präsenzform, Freitag, 13.3.2020, neben dem regulären, sehr umfassenden Unterricht unseres Schultyps Arbeitspakete vorbereitet, sowohl in Papier- als auch in digitaler Form.
Drei Wochen lang führten wir nun den Unterricht im „Distance Learning“, einer noch nie da gewesenen Intensität von Digitalisierung von Schule. Dabei betreuen die Lehrerinnen und Lehrer die Schülerinnen und Schüler auf verschiedenen Kanälen digitaler Kommunikation und durch Telefonie. Die unmittelbare Erreichbarkeit ist stets gesichert und sie erstreckt sich bis in späte Abendstunden hinein. Unser Bildungsminister betonte am vergangenen Dienstag, dass die Schule ein sozialer Ort ist, der von Begegnung und Beziehung lebt. Die Schüler-Lehrer-Beziehung ist essenziell fürs Lernen, sie ist der Einflussfaktor schlechthin. Wir leben sie normalerweise durch Kontakt im realen Raum. Darauf müssen wir zur Zeit verzichten. Wir versuchen, dies bestmöglich in der digitalen Welt zu substituieren.
„The last man standing“ im pädagogischen Personal im Schulgebäude selbst (in Verwaltungsangelegenheiten unterstützt von unserer großartigen Sekretärin) war zuletzt ich als Schulleiter. Meine Aufgabe: Koordination, Information, ein Führungshandeln via Computer und Telefon. Die ganz wenigen Besuche von Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Schule Material holten, das Gespräch suchten, wurden zu seltenen kostbaren Wohltaten des Austauschs von Mensch zu Mensch (im den hygienischen Verhaltensregeln entsprechenden Abstand natürlich).
Das ist es eigentlich, was pädagogische Arbeit und auch Führungshandeln in einer Schule ausmacht, weswegen ich meinen Beruf liebe, die Unmittelbarkeit des Kommunizierens zwischen und des Arbeitens mit Menschen, zu Corona-Zeiten die größte, eine schmerzvolle Entbehrung.
Trotzdem war für mich sehr gut wahrzunehmen, was meine Lehrerinnen und Lehrer in Betreuung unserer Schülerinnen und Schüler geleistet haben. In Unsichtbarkeit! Mehr denn sonst! Unser Berufsbild leidet daran schon zu normalen Zeiten, Beratungen, Vorbereitungen, Verbesserungsarbeiten, Planungen von Veranstaltungen, Beschaffungen von Materialien, Verwaltungstätigkeiten und vieles mehr. Das sieht niemand. So erscheinen mir die Lehrerinnen und Lehrer im Moment unbedankt.
Das kann ich so nicht stehen lassen. Ganz allgemein nicht für alle in diesem wunderbaren Beruf und erst recht nicht für jene 34 Frauen und 13 Männer, die an der HBLA für künstlerische Gestaltung ein hervorragendes „team playing“ für unsere Schülerinnen und Schüler leisten. Danke euch! Erholsame, sehr verdiente Osterferien! Ab 15. April machen wir bitte weiter so.
Kategorien:Bildung, Gesundheit
Ich erlebe derzeit das Homeoffice meiner Partnerin als sehr stressig und es fordert durch technische Neuheiten ebenso heraus wie durch die unkonventionellen Kommunikationskanäle. Führungsarbeit für 15 Menschen, die ebenso in völlig unterschiedlichen Kontexten von zu Hause aus arbeiten heißt auch noch mehr als bisher zu kommunizieren, heißt sein Zeitmanagement zu beachten, um sich zu Hause tatsächlich vom Office ins Private begeben zu können. So stell ich mir auch das tägliche Leben der Lehrkräfte und der Schüler u Schülerinnen vor, die sich ihren PC vielleicht sogar mit den Eltern oder den Geschwistern teilen müssen,
Kompliment, was hier geleistet wird.
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S.g. Herr Klimitsch, Ihren Beitrag finde ich wunderbar, ich finde ein solches Team samt Leiter gehört vor den Vorhang: Applaus! Herzlich
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